G20-Gegner bezichtigen Polizei des versuchten Totschlags

Exzessive Polizeigewalt

Von Markus Bernhardt

Auch fast zwei Wochen nach dem sogenannten G20-Gipfel in Hamburg kommt es nahezu täglich zu weiteren Enthüllungen über die von der Polizei ausgehende Gewalt. Am letzten Wochenende veröffentlichten mehrere Medien Berichte über einen Polizeieinsatz im Rahmen des Gipfelgeschehens, der für die Betroffenen Demonstranten hätte tödlich enden können. So sollen Beamte am 7. Juli eine spontane Anti-G20-Demonstration attackiert haben, deren Teilnehmer sich auf dem Weg in die Hamburger Innenstadt befanden. Bei der Auseinandersetzung gab es Augenzeugenberichten zufolge zahlreiche Schwerverletzte, es kam zu Knochenbrüchen und Platzwunden. Die Polizisten haben die Verletzten gegen eine Metallabsperrung gedrängt, hinter der es rund vier Meter in die Tiefe ging. Die Absperrung brach daraufhin und einige Demonstrantinnen und Demonstranten stürzten in die Tiefe. „Ich habe gesehen, wie ein Genosse über die Metallabsperrung gefallen ist, er ist gestürzt, dann sind ihm die Knochen am Bein herausgestanden. Ein Polizist hat trotzdem auf ihn eingetreten, dann war überall Blut“, schilderte eine Zeugin die besagten Vorfälle. Auch der „Rote Aufbau Hamburg“ berichtete, dass Beamte Demonstranten eine Mauer runter geprügelt hätten und die Betroffenen zum Teil durch den Sturz schwer verletzt worden seien. Die Polizei selbst gab eine knappe Erklärung ab: In Hamburg-Bahrenfeld seien 80 Personen von der Polizei festgesetzt, elf von ihnen beim Fluchtversuch schwer verletzt worden.

Auch an anderen Stellen kam es zu massiver Polizeigewalt. „Die Polizei schreckte nicht davor zurück, eine Aktivistin mit dem Auto umzufahren und zu verletzen“, berichtete auch Mischa Aschmoneit, Sprecher der „Interventionistischen Linken Düsseldorf – See red!“. Auch Gewerkschaftsgliederungen und selbst SPD nahe Organisationen wie der Kinder- und Jugendverband „SJD – Die Falken“ aus Nordrhein-Westfalen üben aktuell harsche Kritik am Vorgehen der Beamten.

Nils Jansen, Geschäftsführer der Verdi-Jugend NRW Süd, berichtete von grundlosen Übergriffen der Beamten mit Schlagstöcken und Wasserwerfern, die sich ebenfalls am 7. Juli ereigneten. Die Betroffenen „flohen in Panik, viele wurden verletzt, zum Teil schwer“. 13 Bonner Verdi-Mitglieder seien von der Polizei festgenommen worden. Noch immer sitzen einige von ihnen in Untersuchungshaft.

„Wir alle haben beim G20-Gipfel eine Polizei erlebt, die sich einen Dreck darum gekümmert hat, ob ihr Verhalten rechtmäßig oder verhältnismäßig ist. Wenn wir am Freitag beim Bildungsstreik nicht gerade junge Menschen gewesen wären, gegen die es schlimm ausgesehen hätte, körperliche Gewalt einzusetzen, hätte die Polizei uns bestimmt auch verprügelt“, berichtete auch das Bündnis „Jugend gegen G20“.

Während der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auch weiterhin bestreitet, dass es rund um den Gipfel überhaupt zu Polizeigewalt oder rechtswidrigen Einsätzen der Beamten gekommen sei, rief die linke Antirepressionsorganisation Rote Hilfe e. V. Opfer staatlicher Repression auf, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Die Rote Hilfe sei bemüht, allen Betroffenen zur Seite zu stehen und diese zu unterstützen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Exzessive Polizeigewalt", UZ vom 21. Juli 2017



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit