Krankenhaus-Reform verschärft bestehende Misere

Etikettenschwindel statt Revolution

Der Bundestag hat heute das so genannte „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ (KHVVG) verabschiedet. 374 Abgeordnete stimmten für den Entwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), 285 dagegen. Linkspartei, BSW, CDU und AfD hatten im Vorfeld angekündigt, gegen den Gesetzentwurf zu stimmen. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Mehrere Länderregierungen kündigten an, den Vermittlungsausschuss anrufen zu wollen.

Das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik erklärte, die Reform werde die Versprechen Lauterbachs einer „grundlegenden Entökonomisierung der Krankenhausversorgung“ und der „Überwindung des Fallpauschalensystems“ nicht einlösen. Die „Revolution“ der Finanzierung falle aus, ein massiver Abbau der stationären Versorgung stehe bevor. „Der Bevölkerung wird mit der Qualitätserzählung Sand in die Augen gestreut, und sie wird über die wahren Ziele der Reform hinweggetäuscht: eine drastische Verringerung der kleinen Grundversorgungskrankenhäuser und der Krankenhausbetten“, schreibt das Bündnis in einer Pressemitteilung.

Darin heißt es, die angekündigte Vorhaltefinanzierung werde direkt wieder mit dem Fallpauschalensystem gekoppelt, denn sie errechne sich aus Anzahl und Schwere der Behandlungsfälle und nicht aus den zur Bedarfsdeckung notwendigen Vorhaltekosten des Krankenhauses. Das Bundesgesundheitsministerium schreibe dieselben Fehlanreize zu immer mehr Behandlungen fort, die am Fallpauschalensystem vielfach kritisiert würden. Der Anreiz, immer mehr Fälle zu behandeln, bleibe auch dadurch bestehen, dass der reine DRG-Anteil der Vergütung weiterhin bei 40 Prozent der Einnahmen eines Krankenhauses liege. Der finanzielle Druck auf die Krankenhäuser werde nicht weniger. Insbesondere kleine Krankenhäuser mit weniger Behandlungsfällen erhielten noch weniger Geld als bisher. Die Reform sei „Etikettenschwindel“. Vielen Krankenhäusern drohe das Aus, die flächendeckende Versorgung bliebe auf der Strecke.

Das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik fordert: „Bis zur Feststellung des echten Bedarfs müssen Soforthilfen das Überleben aller bestehenden Krankenhäuser sicherstellen, bis die Krankenhausreform in Zukunft unter der Maßgabe einer tatsächlichen Entökonomisierung und Überwindung des Fallpauschalensystems ihre Wirkung entfalten kann. Welches Krankenhaus in Zukunft bedarfsnotwendig ist, muss im Rahmen einer demokratischen Krankenhausplanung der Länder entschieden werden und nicht durch Geldentzug. Dazu gehört dann auch eine dauerhaft bedarfsgerechte Investitionsfinanzierung durch die Länder.“

DRGs gehörten vollständig abgeschaft, stattdessen müssten alle bedarfsnotwendigen Kosten finanziert werden und Krankenhäusern ein Gewinnverbot erteilt werden.

Mit Lauterbachs Krankenhausreform hat sich Jan von Hagen ausführlich in UZ vom 27. September auseinandergesetzt:

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