Auch das Handelsblatt behauptete vor Schließung der Wahllokale am letzten Sonntag: Das Votum der Saarländer hat dieses Mal „bundespolitische Bedeutung“. Merkel und Schulz ließen grüßen. Andere Blätter warnten vor einer Regierung von SPD und Linkspartei.
Gleichzeitig wurde relativiert: Umfragen seien das eine; Wahlergebnisse das andere. Vor Schließung der Wahllokale stand dagegen ganz unabhängig von den Bewertungen der Kaffeesatzleser in den Redaktionen, Konzernetagen und Parteizentralen fest: Zwischen Saarbrücken und Sulzbach wird sich prinzipiell am 26. März 2017 nichts ändern.
Die Saarländer kennen das. Vor fünf Jahren, am 30. Juni 2012, wurde der Steinkohlebergbau endgültig eingestellt. Zuvor wurde der Wert der Arbeitsplätze der Kumpel grandios geschätzt: Für eine symbolische D-Mark verkaufte die saarländische Regierung ihre Anteile an den Saarbergwerken an die Ruhrkohle AG (RAG). Von den rund 18 000 Bergleuten vor 25 Jahren wurden die letzten „sozialverträglich“ abgewickelt. Zwischenzeitlich durfte das Volk so oft an die Wahlurne rennen, wie es wollte.
Schuld war nicht die Kohle. Schuld waren die Konzernherren und ihre Politiker, die nicht bereit waren, den „Strukturwandel“ so zu steuern, dass jeder im Bergbau zerstörte Arbeitsplatz durch einen neuen an anderer Stelle ersetzt wurde, einschließlich Umschulung und Qualifizierung. Selbst wenn es einen einzigen Gerechten unter den Verdorbenen in den Chefetagen gegeben hätte: Er hätte es nicht verhindern können. Das hätte der Kapitalismus nicht zugelassen.
Das wird auch in der kommenden Woche so bleiben. Und danach. Es sei denn, dass die Wähler begreifen, dass sich durch Wahlen nichts gravierend ändert. Da kann es neue Koalitionen geben. Die Linke könnte sich ins Bett der SPD legen, wenn die sie ließe. Und die agile Anke Rehlinger könnte sie ob ihres Mutes danach preisen, während Oskar Lafontaine Fraktionsvorsitzender im Landtag bleibt. Rehlinger war zuvor Wirtschaftsministerin. Was also sollte sich tiefgreifend ändern?
Ein Lob sollte an dieser Stelle trotz politischen Stillstands nicht vergessen werden. Das Wahlvolk an der Saar hat verhindert, dass die Bäume der AfD in den wahlarithmetischen Himmel wachsen. Es bleibt allerdings der braune Sumpf in seinen Restbeständen. Und es bleiben die sozialen und politischen Verwerfungen, die den Sumpf bislang gespeist haben. Und somit bleibt viel zu tun zwischen Saarbrücken und Sulzbach.