Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, im Gespräch mit junge Welt

„Es war wichtig, in der Hauptstadt präsent zu sein“

junge Welt: Zum ersten Mal fand in diesem Jahr das UZ-Pressefest in Berlin statt. Rund um die Volksbühne und das Karl-Liebknecht-Haus, in Sichtweite zu den Redaktionsräumen der jungen Welt, gab es am vergangenen Wochenende ein buntes Programm. Wie fällt die erste Bilanz aus?

Patrik Köbele: Das Wochenende war großartig. Beim Aufbau hatten wir angesichts eines schweren Gewitters noch Bedenken. Aber mit dem Beginn am Samstag überwog bei uns allen die Freude. Viele Teilnehmer, eine super Stimmung – das Fest war ein voller Erfolg.

junge Welt: Wie viele Leute waren vor Ort?

Patrik Köbele: Wir sind uns sehr sicher, dass an beiden Tagen zusammen deutlich über 10.000 Menschen da waren.

junge Welt: Zuletzt fand das Pressefest der DKP-Parteizeitung UZ regelmäßig im Dortmunder Revierpark Wischlingen statt. Was lief in Berlin nun besser, was schlechter?

Patrik Köbele: Uns war klar, dass die Premiere in Berlin eine riesige Herausforderung sein würde: ein neuer Platz, keine Routinen, ungeheuer viel Material, das wir aus Essen hierher transportieren mussten. Von daher haben wir auch erst einmal tief gestapelt und auf 3.000 Teilnehmer gehofft. Diese Zielvorgabe haben wir nun deutlich übertroffen. Trotz der großen Anstrengungen, die damit verbunden waren, war die Entscheidung politisch richtig. Nachdem wir in Dortmund den Platz, auf dem das Pressefest sonst stattfand, nicht bekommen hatten, konnten wir eigentlich nur nach Berlin gehen. In Zeiten von Kriegsbeteiligung und dem Abwälzen der Kriegslasten auf die Menschen war es ein wichtiges Zeichen, als kommunistische Partei in der Hauptstadt präsent zu sein.

junge Welt: Gab es Provokationen auf dem Pressefest?

Patrik Köbele: Wir hatten uns darauf eingestellt, dass es dazu kommen könnte. Letztlich ist aber alles sehr ruhig und friedlich verlaufen. Das betrifft auch die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden.

junge Welt: Der Ukraine-Krieg, die westliche Sanktionspolitik gegen Russland: Welchen Stellenwert hatten diese Themen auf dem Pressefest? Musste das Programm noch mal kurzfristig angepasst werden?

Patrik Köbele: Das Programm hat diese Themen von vornherein gut widergespiegelt. Einer der Höhepunkte war das Antikriegsmeeting am Samstag: eine Mischung aus Kultur und Politik, bei der Tausende dabei waren. Wir waren und sind uns einig: Dieser Herbst muss »heiß« werden, es braucht Proteste auf der Straße!

junge Welt: Auch die Partei Die Linke ruft zu Demonstrationen auf, wie etwa am kommenden Montag in Leipzig. In der Vorbereitung des Pressefestes waren Räume im Karl-Liebknecht-Haus, das der Partei gehört, angefragt worden. Die Führungsriege verweigerte sich dem, was für Kritik sorgte. Haben sich am Wochenende Vertreter der Parteispitze blicken lassen?

Patrik Köbele: Vielleicht war einer von ihnen da, das kann ich nicht genau sagen. Es war vor allem ein komisches Bild, das sich dort gezeigt hat: Beim Blick auf die Hauptbühne, auf der das Leben tobte – sei es die politische Debatte, sei es das kulturelle Programm –, sah man zugleich dahinter das verrammelte und dunkle Karl-Liebknecht-Haus. Das war schon surreal. Davon abgesehen gab es wichtige Genossinnen und Genossen aus der Linkspartei, die sich an dem Fest beteiligt haben, etwa Sevim Dagdelen oder Wolfgang Gehrcke.

junge Welt: Angesichts der positiven Bilanz: Hätte man das Pressefest nicht schon früher in Berlin stattfinden lassen können? In früheren Jahren wäre der Zulauf sicher noch größer gewesen als unter den gegenwärtigen Bedingungen.

Patrik Köbele: Nein, das könnte man in unserer Partei so nicht vermitteln. Aufgrund der fehlenden Routine und dessen, was wir uns alles neu erarbeiten mussten, wurden die Kräfte der Genossinnen und Genossen, die das alles ehrenamtlich machen, überstrapaziert. Wir werden das Pressefest nun in Ruhe auswerten – und uns weiter über den Erfolg freuen, dass wir das in Berlin auf die Beine stellen konnten.

junge Welt: Es ist also noch nicht klar, wo das kommende UZ-Pressefest stattfinden wird?

Patrik Köbele: Nein, darüber werden wir jetzt diskutieren. Selbst wenn wir das nächste Mal wieder nach Dortmund gehen, muss das ja aber nicht heißen, dass wir nicht danach auch wieder nach Berlin kommen. So oder so: Wir sollten den Schwung mitnehmen. Es spricht einiges dafür, das nächste Fest 2024 zu machen.

Quelle: junge Welt vom 30. August 2022

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.



UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
Unsere Zeit