Die Sowjetunion wandte sich gegen die Zerstückelung Deutschlands

Es war Befreiung!

Am 8. Mai 1945 wurde das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und in Deutschland besiegelt. Er endete für den deutschen Imperialismus und Militarismus mit einer Niederlage, die in ihrem Ausmaß seinen Zusammenbruch im Ersten Weltkrieg um ein Vielfaches übertraf.

Unter den befreiten Völkern befand sich auch das deutsche Volk. Die in der vorbereiteten Kapitulationsurkunde auf Initiative der USA ursprünglich aufgenommene Formulierung „Zerstückelung Deutschlands“ wurde auf entschiedenen Einspruch der Sowjetunion gestrichen. Am 9. Mai 1945 erklärte J. W. Stalin im Auftrag des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und der Regierung der UdSSR öffentlich: „Die Sowjetunion feiert den Sieg, wenn sie sich auch nicht anschickt, Deutschland zu zerstückeln oder zu vernichten.“

Die Sowjetunion erwies sich nicht nur in dieser Situation als entscheidende Kraft der Anti-Hitler-Koalition, die nach dem 22. Juni 1941 wesentlich ihren Charakter als antifaschistisch-demokratisches Bündnis und den Charakter des Krieges als antifaschistischen Befreiungskrieg bestimmte. Sowohl die Ereignisse des Krieges als auch die Nachkriegsregelungen waren von ihren Bemühungen in diesem Geist durchdrungen. Das prägte die Ziele, die Handlungen und auch die Ergebnisse der Anti-Hitler-Koalition insgesamt. Auf dieser Grundlage war es auch möglich, dass die Völker ihren gerechten Kampf gegen den deutschen Faschismus erfolgreich führen konnten. Die Übereinstimmung des Willens der Völker und der Anti-Hitler-Koalition war ein wichtiger Faktor des Sieges der Koalition über den Faschismus.

Antifaschistisch-demokratische Stoßrichtung

Gestützt auf die Kraft der Völker konnte die von den Großmächten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung gebildete Anti-Hitler-Koalition gegenüber allen antisowjetischen Manövern, die auf ihre Untergrabung und Sprengung zielten, ihre Lebensfähigkeit bewahren. Ihre Existenzberechtigung leitete sich aus der Wahrnehmung der nationalen Interessen der beteiligten Mächte in Übereinstimmung mit den Interessen der befreiten Völker und aus dem Ziel einer dauerhaften Friedensordnung ab. Der gerechte Befreiungskampf der Völker prägte den antifaschistisch-demokratischen Charakter des Krieges und bestimmte die verkündeten Kriegsziele.

Die Sowjetarmee widerstand aus eigener Kraft bei Moskau und Leningrad, in Stalingrad und im Kaukasus. Sie fing die großen Offensiven der Faschisten auf und ging zum Gegenangriff über, vertrieb die Aggressoren aus den besetzten Gebieten und befreite große Teile Europas. Der damalige Oberbürgermeister von New York, Fiorello LaGuardia, rief dazu auf, „dem Verbündeten die gebührende Achtung zu zollen und unsere Einheit für den vollständigen Sieg zu demonstrieren“. Der Diplomat und Historiker George F. Kennan schrieb, es habe schon 1941 die Überzeugung vorgeherrscht, „dass der Ausgang des Krieges vollkommen von der Bereitschaft und Fähigkeit Russlands abhinge, dem deutschen Angriff zu widerstehen“. So kam es, dass die Ergebnisse des Krieges zu weltweiten, einschneidenden demokratischen Veränderungen im Leben der Völker und so auch in den internationalen Beziehungen führten. Die Wirkung der Opfer und der Politik der Sowjetunion waren bedeutend gewachsen, koloniale Herrschaftssysteme brachen zusammen, die Kräfte der Demokratie und des sozialen Fortschritts errangen in einer wachsenden Zahl von Ländern maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Nationen.

Aber auch die herrschenden politischen und wirtschaftlichen Kreise der Westmächte brauchten die Anti-Hitler-Koalition, die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, weil die Ziele des faschistischen Deutschland, die Weltherrschaft und die Versklavung aller Völker zu erringen, eine Todesgefahr für ihre eigenen Interessen und sogar für ihre Existenz darstellten. In einem Memorandum, das einflussreiche amerikanische Wirtschaftskreise 1943 an Roosevelt gerichtet hatten, hieß es dazu: „Seitdem Russland kommunistisch geworden ist, haben die Sowjets unsere nationalen Interessen und unsere Lebensweise nie bedroht. Die wahnsinnige Politik Hitlers dagegen führt seit zwei Jahren die Welt einem Sklavendasein entgegen; unsere eigene Existenz als freies Volk schwebt in Todesgefahr.“

Friedensordnung und Völkerrecht

Die Anti-Hitler-Koalition ist also nicht deshalb auseinandergebrochen, weil sie aus Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung bestand. Sie ist auseinandergebrochen, weil nach der Zerschlagung des Faschismus bei den westlichen Großmächten diejenigen Kräfte die bestimmenden Positionen wieder errungen haben, die schon vor dem zweiten Weltkrieg eine Politik verfolgt haben, die von Antikommunismus und Antisowjetismus bestimmt war.

Zum Bruch der Anti-Hitler-Koalition kam es also nicht deshalb, weil es keine Perspektive für die Fortsetzung und Vertiefung der Zusammenarbeit der Mächte gegeben hat. Es kam nicht deshalb dazu, weil die Substanz der Zusammenarbeit der Großmächte aufgebraucht gewesen wäre und schon gar nicht deshalb, weil die Sowjetunion die Prinzipien der bisherigen Zusammenarbeit verletzt hätte, wie man zur Täuschung der Menschen ständig unterstellt hat. Es kam dazu, weil die Westmächte und die reaktionären Kräfte überall fürchten mussten, dass die Fortsetzung dieser Zusammenarbeit zwar den Interessen der Völker, aber nicht denen der Monopole dient.

Die Völker erstrebten jedoch nicht nur eine dauerhafte internationale Friedensordnung, sondern auch eine tiefgreifende Erneuerung ihrer nationalen, sozialen und politischen Existenzformen. Dies traf auf die Völker Europas besonders zu, denn sie hatten nicht nur diesen Krieg zu überstehen, sondern schon den Ersten Weltkrieg – und das in der Zeit einer Generation!

Sie hatten nicht nur Hitlerfaschismus und deutschen Militarismus zu überwinden. Nicht nur in Deutschland hatten sich diese Kräfte entlarvt und kompromittiert. Auch in den eigenen Ländern hatten sich die herrschenden Einrichtungen, Mächte und politischen Kräfte der Vorkriegs- beziehungsweise Kriegszeit entlarvt und den Erneuerungswillen befördert. Je mehr das wirkliche Wesen ihrer Politik sichtbar wurde, umso mehr griff er auf die Umgestaltung der ökonomischen Grundlagen der Gesellschaft über und richtete sich darauf, den Missbrauch privater wirtschaftlicher Monopolgewalt zu beseitigen. Dieser aus dem antifaschistischen Widerstandskampf erwachsene Wille setzte sich in allen Ländern durch, die nicht von den Westmächten besetzt waren.

Der Befreiungskampf mündete in eine erfolgreiche demokratische Umgestaltung der wirtschaftlichen und politischen Grundlagen dieser Nationen ein. Auch in Italien, Frankreich und anderen westeuropäischen Ländern erfolgten wichtige demokratische Veränderungen. Vor allem der Einfluss der Kommunistischen Parteien war bedeutend angewachsen. Kommunisten waren vielfach an der Ausübung der Regierungsgewalt beteiligt. In England hat der konservative Premierminister Churchill trotz seines „Victory“-Nimbus die Wahlen zugunsten der Labour-Party verloren.

Gegenläufige Tendenzen

Allerdings wurde in den USA auch die gegenläufige Tendenz sichtbar, was von großer Bedeutung für die künftige Entwicklung in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands werden sollte!

Die unmittelbar nach dem Sieg getroffenen Regelungen für die Besatzungszeit in Deutschland entsprachen in den wesentlichen Zügen den Zielen der Anti-Hitler-Koalition und besonders den Orientierungen, die während der Krimkonferenz zwischen Stalin, Roosevelt und Churchill vereinbart wurden. Das trifft auch noch auf die Vereinbarungen der Potsdamer Konferenz zu.

Ihre Durchsetzung in den westlichen Zonen erfolgte jedoch schon in der antikommunistischen Richtung der von Churchill (März 1946) und US-Außenminister Byrnes (September 1946) öffentlich gesetzten Segeln.
Das war die Lage im Mai 1945. Das waren Hoffnungen und Ziele der Völker – und die, die gegen sie wirkten.

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"Es war Befreiung!", UZ vom 8. Mai 2020



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