Mehr Personal
für bessere Qualität
In einer Erklärung solidarisiert sich die DKP in NRW mit den Teilnehmern der Demonstration „Mehr Große für die Kleinen“. Darin fordert die Partei eine grundsätzliche Neuausrichtung der Finanzierung der frühkindlichen Bildung.
In der Erklärung heißt es abschließend: „Geld, um diesen Anspruch zu finanzieren, ist genug da. Es steckt aber leider in den falschen Taschen. Anstatt den Rüstungshaushalt auf jährlich 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufzublähen und damit fast zu verdoppeln, muss das Geld in das Sozialsystem fließen. Anstatt Rüstungsexporte beispielsweise mit dem EU-Militärprojekt PESCO zum Wohle der Rüstungskonzerne zu vereinfachen, brauchen wir mehr Erzieherinnen und Erzieher, die unsere Kinder darauf vorbereiten, eine andere, eine soziale und friedliche Gesellschaft zu schaffen.
Wir fordern mit den Erzieherinnen und Erziehern: Mehr Personal für mehr Qualität, damit unsere Kinder eine bessere Zukunft haben!
In NRW wird ein neues Kinderbildungsgesetz (KiBiz) diskutiert. Die Landesregierung will das bestehende Gesetz in diesem Jahr überarbeiten. In diese Debatte bringt sich das Aktionsbündnis „Mehr Große für die Kleinen“ ein, um gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der frühkindlichen Bildung die Interessen der Beschäftigten durchzusetzen. Wir sprachen darüber mit Katharina Schwabedissen.
UZ: Am 23. Mai (nach Redaktionsschluss) will das NRW-weite Aktionsbündnis „Mehr Große für die Kleinen“ in Düsseldorf für bessere Arbeitsbedingungen in den Kitas demonstrieren. Wie sieht es aus mit der Arbeitssituation der Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen?
Katharina Schwabedissen: In den Kitas sieht es so aus wie in allen sozialen Einrichtungen in diesem Land: zu viele Aufgaben für zu wenig Personal. In den Kitas kommt noch dazu, dass die Gruppen zu groß sind. Der Lärmpegel ist hoch, die Einrichtung klein. Das geht auf die Knochen und auf die Psyche.
Ähnlich wie in allen sozialen Berufen ist der Krankenstand hoch. Es fehlt an Fachkräften und Ausbildungsplätzen. Viele Kolleginnen und Kollegen verlassen den Job oder reduzieren ihre Arbeitszeit. Die Aufgaben und Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte haben in den letzten Jahren bei gleichen Personalschlüsseln zugenommen. Inklusion, Sprachförderung, Dokumentation, Integration, Motorik, Vor- und Nachbereitung, Elterngespräche und Fortbildungen brauchen Zeit – und Personal.
Die Kolleginnen und Kollegen brechen unter der Last der Verantwortung und der Aufgaben zusammen.
UZ: Mit welchen Forderungen geht das Aktionsbündnis auf die Straße?
Katharina Schwabedissen: Das Bündnis fordert mehr pädagogisches Personal in den Gruppen und eine Personalbemessung, die den aktuellen wissenschaftlichen Studien für gute frühkindliche Bildung entsprechen. Mit den neuen Öffnungszeiten muss sich auch der Personalschlüssel ändern – und nicht die Arbeitsbelastung für die Beschäftigten. Um den Anspruch auf Bildung zu erfüllen, brauchen Kinder und Erzieherinnen und Erzieher kleinere Gruppen: maximal 20 Kinder über drei Jahre, höchstens 10 Kinder unter drei und bei einer Mischung aus beiden Altersgruppen nicht mehr als 17 Kinder.
Auszubildende sollen zusätzlich in den Gruppen arbeiten und nicht auf den Stellenplan angerechnet werden. Sie befinden sich in der Ausbildung.
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, braucht es eine Ausbildungsoffensive. Dazu gehört auch, dass die praxisintegrierte Ausbildung (PIA) gefördert und bezahlt wird. Die Kolleginnen und Kollegen in den Kitas brauchen verbindliche Zeiten für die Vor- und Nachbereitung. Wir wollen freigestellte Leitungen, eine anteilige Freistellung der stellvertretenden Leitungen und ausreichend Hauswirtschaftskräfte in den Kitas.
UZ: Wer hat sich in dem Bündnis zusammengeschlossen?
Katharina Schwabedissen: Das Bündnis ist ein Personenbündnis. Momentan arbeiten im Bündnis Mitglieder aus MitarbeiterInnenvertretungen (MAV) der beiden großen Kirchen, Betriebsrätinnen und Betriebsräte der AWO, der Gewerkschaften ver.di und GEW, des DBB-NRW, aus Berufsverbänden, Personalrätinnen und Personalräte aus kommunalen Kitas und Vertreterinnen und Vertreter des Landeselternbeirates mit.
Wir werden gerne mehr. Wer bei uns mitmachen möchte, ist willkommen und kann sich einfach melden. Wir haben uns viel vorgenommen und brauchen viele Hände und Köpfe.
UZ: Die Landesregierung NRW plant in diesem Jahr, das Kinderbildungsgesetz KiBiz zu überarbeiten. Hofft ihr auf Verbesserungen der Situation in den Kitas?
Katharina Schwabedissen: Die Hoffnung stirbt zuletzt, allerdings bietet der vorliegende Referentenentwurf nicht viel Grund zur Hoffnung. Die Landesregierung NRW nimmt Geld in die Hand, das vor allem in drei Bereiche fließen wird: die Flexibilisierung und Ausweitung der Öffnungszeiten, den Ausbau von Kita-Plätzen und das zweite beitragsfreie Kita-Jahr. Die strukturellen Probleme werden durch die Revision nicht gelöst.
Im Mittelpunkt stehen die Finanzen. Das Bündnis fordert, das Wohl der Kinder und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Mittelpunkt zu rücken. Das zentrale Problem der Kindpauschalen, die sich nach unterschiedlichen Buchungszeiten (25, 35 oder 45 Stunden) berechnen, wird nicht aufgehoben. Wenn ich 35 Stunden buche, die Kita aber 55 Stunden aufhaben soll, dann entsteht eine offensichtliche Finanzierungslücke. Gleichzeitig reichen die geplanten Leitungsfreistellungen und Verfügungszeiten für Dokumentation, Vor- und Nachbereitung nicht aus. Die Kolleginnen und Kollegen werden sich weiter zwischen Kindern und Papieren zerreißen müssen.
Die Frage nach Stellenanteilen für Hauswirtschaftskräfte bleibt unbeantwortet. Herr Kamieth von der CDU hat den Vorschlag gemacht, man könne ja auch mit den Kindern kochen – als pädagogisches Angebot. Vielleicht sollte er einfach mal ein paar Tage in einer Kita arbeiten.
Verändern wird sich an diesem halbgaren Entwurf nur etwas, wenn aus den Einrichtungen und von den Eltern Druck aufgebaut wird.
UZ: Was plant ihr für die Zukunft, damit sich eure Forderungen in dem Gesetz wiederfinden?
Katharina Schwabedissen: Wir planen zum Auftakt am 23. Mai eine Großdemonstration in Düsseldorf. Die Demo wird auch der Beginn einer Unterschriftenaktion sein. Und dann hoffen wir, dass das Bündnis noch breiter wird. Wenn sich an dem Referentenentwurf nichts ändert, dann kommen wir wieder. Es gibt ja noch Anhörungen und eine 1. Lesung der Revision. Wir werden diesen Prozess begleiten!