Ausgerechnet „Wohlstandswächter“ (Prosperity Guardian), so nannten die Planer im Pentagon vor einem Jahr den Marinefeldzug, der den Seeweg durch das Rote Meer und die Meerenge Bab al-Mandab sichern sollte. Die Regierung der Ansar Allah im Jemen hatte zur Unterstützung von Gaza gegen Blockade und Krieg begonnen, Schiffe anzugreifen, die im Zusammenhang mit Israel stehen. Sie waren in ihren Angriffen so erfolgreich, dass viele Schifffahrtslinien den weiten Umweg um Afrika gegenüber der kürzeren, aber gefährlichen Passage durch das Rote Meer vorzogen. Die „Wohlstandswächter“ haben daran ein Jahr lang nichts geändert. Vor allem große Containerschiffe, deren Verlust ungeheure Kosten mit sich bringen würde, meiden das Rote Meer nach wie vor. Kleinere Schiffe haben die Marktlücke erkannt und einen Teil der Transporte übernommen.
Der jetzige israelische Außenminister Sa’ar beschreibt die Ansar Allah als eine Bedrohung nicht nur für Israel, sondern für die Region und „die ganze Welt“. Sie haben mittlerweile ihre Angriffe auf US-Kriegsschiffe und Israel selbst ausgeweitet. Mehrmals in den letzten Tagen des Dezember haben sie Ziele in Israel angegriffen. Wie erfolgreich die Angriffe waren, lässt sich aufgrund der Zensur nicht feststellen. Bekannt ist, dass es bei zwei Angriffen Verletzte gab. Mit Dutzenden Drohnen und Raketen griffen die Ansar Allah auch mehrmals eine Flugzeugträgergruppe der USA im Roten Meer an. Zuletzt mit Erfolg: Im „Friendly Fire“ offenbar panischer US-Soldaten wurde ein F-18-Hornet-Mehrzweckkampfflugzeug abgeschossen (Stückpreis zwischen 66 und 80 Millionen Dollar). In den Monaten davor hatten die Ansar Allah bereits etwa ein Dutzend US-Drohnen vom Typ „Reaper“ abgeschossen. Stückpreis: Rund 40 Millionen Dollar.
So ist der aktuelle Feldzug im Krieg um Palästina noch nicht zu Ende. Die israelische Regierung stellt sich in diesem Krieg nicht die Frage, ob sie den Jemen massiv angreifen soll, sondern ob sie erst den Jemen oder gleich den Iran angreifen soll. Dieser Streit wird innerhalb der Regierung geführt, vor allem zwischen dem Chef des Geheimdienstes Mossad und Ministerpräsident Netanjahu.
Netanjahu bedrohte die Ansar Allah mit dem gleichen Übermaß der Gewalt, wie es gegen andere „terroristische Unterstützer“ des Iran eingesetzt wurde. Der frühere Außenminister und jetzige Kriegsminister Katz wurde konkreter. „So wie wir uns um Sinwar in Gaza, um Haniyeh in Teheran und um Nasrallah in Beirut gekümmert haben, werden wir uns auch um die Führer der Ansar Allah kümmern.“ Damit bestätigte Katz erstmals, was jeder wusste: Es war Israel, das in Teheran den Vertreter der Hamas ermordet hatte.
Während Katz und Netanjahu einem Angriff auf den Jemen den Vorzug geben, berichtet „Haaretz“, Mossad-Chef David Barnea wolle von vornherein den Iran angreifen, um die Aktionen der Ansar Allah zu unterbinden. Auch das ist keine Überraschung, denn Barnea vertritt diese Position schon lange.
Am 26. Dezember gab es einen weiteren schweren Angriff Israels auf Sanaa und Hodeidah – während einer Rede von Abdul-Malik al-Houthi, einem Chef der Ansar Allah. Er galt unter anderem dem Flughafen von Sanaa, Häfen und einem Kraftwerk. Stromausfälle waren die Folge. Als Reaktion auf die israelische Bombardierung griffen die Ansar Allah mit Drohnen ein Schiff in der Arabischen See und mit einer Rakete den Ben-Gurion-Flughafen an.
Netanjahus Beschränkung auf den Jemen wird wohl nicht von Dauer bleiben. Er wird abwarten wollen, bis Trump sein Amt angetreten hat. Denn ohne Unterstützung durch die USA wird Israel wohl keinen Krieg gegen den Iran führen können.