Im April hat der nordrhein-westfälische Landtag mit der Stimmenmehrheit von CDU und FDP die kommunalen Stichwahlen abgeschafft. Das Gesetz gilt für die Kommunalwahl 2020 und bedeutet, dass es keinen zweiten Wahlgang für Bürgermeister und Landräte mehr gibt, die einfache Mehrheit im ersten Wahlgang reicht zur Erlangung des Amtes.
Die Begründung der Mehrheit war ziemlich haarsträubend: Sie argumentierten mit der ziemlich geringen Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang und sahen die demokratische Legitimation der Gewinner gefährdet.
Die Realität war eine andere. Bei den letzten Wahlen gab es 98 Stichwahlen. Überwiegend, um genau zu sein, in 70 Fällen, bekam der Gewinner der Stichwahl mehr Stimmen als der Gewinner des ersten Wahlganges. Damit können diese Gewinner in der Regel eine weitaus höhere Legitimation vorweisen.
Der Hintergrund dürfte ein anderer sein: Aufgrund der schon damaligen Schwäche der SPD wurde in vielen Städten an Rhein und Ruhr die CDU stimmenstärkste Partei. Bei Stichwahlen konnte sie aber ihre Bürgermeister- und Landtagskandidaten nicht durchbringen, weil es den Kandidatinnen und Kandidaten der SPD gelang, mehr Stimmen aus anderen Lagern abzuschöpfen. Deshalb sollte diese Gesetzesänderung ein Mittel für die CDU sein, die SPD aus diesen Ämtern zu drängen.
Aber manchmal kommt es eben anders, und so hat die EU-Wahl gezeigt, dass die bundesdeutsche Parteienlandschaft in Bewegung ist. Gehypete Parteien wie die „Piraten“ sind gekommen und gegangen, und die Parteien, die in den vergangenen Jahren an Stimmen zugelegt haben, dürfen das weniger als eigene Leistung verbuchen, sondern können sich bei der grottenschlechten Politik der „Gegner“ für die Gewinne bedanken.
Und so sind bei der EU-Wahl in zahlreichen Großstädten und Gemeinden die Grünen die stärkste der Parteien geworden. Die SPD wurde überrannt und ist nun weit davon entfernt, in den großen Städten Mehrheiten zu gewinnen, aber auch die CDU hat mächtig Federn gelassen.
Und die wird nun ihre Gesetzesänderung vor dem Hintergrund der im nächsten Jahr anstehenden Kommunalwahlen anders betrachten als vor dieser „Schicksalswahl“.