Erklärung der SDAJ zum Ergebnis der Bundestagswahl 2021

Die Bundestagswahl ist vorbei, damit beginnen nun die Koalitionsverhandlungen – und wir werden mal wieder sehen können, wie die Wahlversprechen nach und nach eingepackt werden. SPD und CDU haben sich ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz 1 geliefert. Stärkste Kraft vor allen Parteien sind mit 23,4% der Wahlberechtigten aber mal wieder die Nichtwähler. Auch die sonstigen Parteien haben deutlich zugelegt (+3,6 auf 8,6%). Zu dem Ergebnis hat sicherlich beigetragen, dass sich die drei „Spitzenkandidaten“ in wesentlichen Fragen grundsätzlich einig waren – man stritt sich nur darum, wie schnell die Aufrüstung gehen soll und ob mit oder ohne Kampfdrohnen. Wählen konnten wir nur Rhetorik und Farbe, mit der die Angriffe gegen uns in den nächsten Jahren geführt werden, unsere Reallöhne weiter gesenkt, unsere Rechte weiter eingeschränkt und unser Geld an die Banken und Konzerne und die Bundeswehr verschleudert und verschossen wird. Unter Jugendlichen konnten Grüne und FDP mit ihrem Anstrich als angebliche Umweltpartei bzw. Partei gegen Steuererhöhungen für die Bevölkerung leider stark zulegen (22% der Unter-30-jährigen für die Grünen, 20% für die FDP).

Kriegshetzer Grüne bringen nichts für die Umweltbewegung

Die Grünen sind ein großer Gewinner der Bundestagswahl, die mit 14,8% ihr historisch bestes Ergebnis erzielt haben. Ob Jamaika (CDU, Grüne, FDP) oder Ampel (SPD, Grüne, FDP), eine Regierungsbeteiligung der Grünen scheint fast sicher. Gerade unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen konnten die Grünen viele Stimme gewinnen, dem Anstrich als angebliche Klimapartei sei Dank. Klar ist aber: Mit dem Programm der Grünen wird nicht mal das 2-Grad-Ziel erreicht und statt sich wirklich für Klimaschutz einzusetzen, stehen die Grünen für eine CO2-Steuer, die nicht gegen den Klimawandel hilft und auf unsere Kosten geht. Statt kostenlosem öffentlichen Nahverkehr und einem Ausbau der Bahn stehen die Grünen für Förderung des Individualverkehrs und damit der Autoindustrie mit Elektromotoren. Sogar die Zerschlagung des Deutsche-Bahn-Konzerns haben sie vorgeschlagen.

Auf wessen Seite die Grünen stehen, haben sie auch in ihrer letzten Regierungsbeteiligung auf Bundesebene (1998 bis 2005) bewiesen: Die Agenda 2010 inkl. Hartz IV wurde von SPD und Grünen beschlossen, dank der in deutschen Großstädten mittlerweile fast jedes vierte Kind in Armut aufwächst. Der erste deutsche Angriffskrieg seit 1945 von deutschem Boden aus wurde ebenso wie der Afghanistan-Einsatz für die Interessen der deutschen Monopole von rot-grün beschlossen. Kaum verwunderlich, dass die Grünen besonders für völkerrechtswidrige Kriege, weitere Aufrüstung und Kriegsinvestitionen und Hetze gegen Russland und China stehen.
Die Verluste der Linkspartei

Der Linken ist es mit 4,9% der Stimmen nur dank ihrer drei Direktmandate sehr knapp gelungen, nochmal in den Bundestag einzuziehen. Sie hat das schlechteste Ergebnis seit 2002. Dabei hatte man sich in den letzten Wochen und Monaten für eine Regierungsbeteiligung fit gemacht und wesentliche soziale wie friedenspolitische Forderungen über Bord geworfen. Besonders deutlich wurde das bei der Diskussion um den Bundeswehreinsatz in Afghanistan zur angeblichen Evakuierung von Ortskräften, der aber tatsächlich nur einer Medieninszenierung zur nachträglichen Rechtfertigung dieses mörderischen Kriegseinsatzes, zur nachträglichen Rechtfertigung von 20 Jahren Besatzung durch Bundeswehr und NATO diente. Mit dem Sofortprogramm der Linken kippte schließlich auch ihre Position zur NATO – wenn’s dafür in eine Regierung geht, ist der Kampf für Frieden eben doch nicht mehr so wichtig.

Dass auch eine rot-rote oder rot-rot-grüne Bundesregierung, wäre sie überhaupt möglich gewesen, keine Verbesserungen für uns gebracht hätte, haben die Landesregierungen gezeigt, an denen sich die Linke beteiligt hat: Die Mieten sind weiterhin gestiegen, das Wort Enteignung wurde zwar in den Mund genommen, Wohnungen aber dann stattdessen viel zu teuer zurückgekauft wie in Berlin. Aber auch in Bremen bilanziert die badische Zeitung am 03.09.2021, dass „Die Linke … derart pragmatisch und unideologisch [arbeitet], dass sie damit allenfalls den Linksaußenflügel ihrer Partei verschreckt.“ Zwingende Kompromisse, um sich hierzulande koalitionsfähig zu zeigen, wie die DDR als „Unrechtsstaat“ zu bezeichnen, sich für die NATO auszusprechen und auch Bundeswehreinsätze im Ausland gut zu heißen, hätte die Linke nicht eingehen sollen.

Die Anpassungspolitik der Linken ist Ursache für ihr schlechtes Wahlergebnis: Die Linke wird kaum noch als reale Opposition wahrgenommen und ist leider auch real kaum noch Opposition. Wir sagen: All diejenigen, die wirklich etwas verändern wollen, ob in der Linken organisiert, in der Gewerkschaft oder anderswo aktiv, sollten sich deutlich dafür aussprechen, dass die Linke ihre Grundsätze nicht weiter über Bord wirft. An einer Regierung sollte sie sich auch dann nicht beteiligen, wenn die Wahlergebnisse es, anders als diesmal, zulassen würden. Wir brauchen eine Opposition, die den Druck auf die Regierung vorwiegend außerhalb des Parlaments aufbaut. Um etwas zu verändern, müssen wir selber aktiv werden, dabei wird uns rot-rot-grün nicht helfen.

Zu erwartende Angriffe

Doch neben dem ganzen Spektakel bleiben die realen Probleme drängend: Dank des Corona-Managements der Bundesregierung zugunsten der kurzfristigen Profitinteressen der Monopole und auf unsere Kosten haben wir in der Schule fast zwei Schuljahre verloren. Der Leistungsdruck ist ebenso wie die Zahl der Schulabbrecher deutlich gestiegen. Studierende haben häufig ihre Nebenjobs verloren, müssen sich immer mehr verschulden, ihr Studium isoliert bewältigen – auch hier ist ein Anstieg der Abbrüche zu erwarten. In diesem Jahr wurden so wenig Ausbildungsverträge geschlossen wie seit 30 Jahren nicht, immer mehr Jugendliche landen auf dem Abstellgleis. Selbst nach den offiziellen Zahlen lebt mittlerweile jede/r vierte Unter-18-jährige in Armut und die psychischen Probleme unter Jugendlichen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

Und auch wenn die Zusammensetzung der nächsten Regierung noch nicht klar ist, steht die Richtung der kommenden Angriffe fest. So hat der Arbeitgeberverband Gesamtmetall schon im letzten Frühjahr Vorschläge gemacht, wie man die Kosten der Krise auf die arbeitenden Menschen abwälzen kann. Dazu zählt zum Beispiel: Noch länger bis zur Rente zu arbeiten, dass Kosten für die Krankenversicherung noch mehr von uns getragen werden müssen, unser Kündigungsschutz und die Regelungen für unbefristete Arbeitsverhältnisse noch weiter gelockert werden oder gar der 8-Stunden-Arbeitstag unter dem Stichwort „Flexibilisierung“ angegangen wird. Das sind krasse und umfassende Angriffe auf unsere Rechte, die uns Jugendliche besonders treffen: Wir haben häufiger prekäre Jobs, stehen gerade am Jobeinstieg und kennen das „Normalarbeitsverhältnis“ oft gar nicht mehr.

Dass bei diesen Szenarien und zusätzlichen weiterem Reallohnverlust, starker Inflation – das heißt Raub an der Bevölkerung – und überhöhten Mietpreisen der Widerstand größer und ungemütlicher für die Herrschenden wird, ist klar. Daher haben wir schon vor und werden auch nach der Wahl mit mit schärferen Polizei- und Versammlungsgesetzen rechnen müssen. Diese erlauben es, dass unsere Daten auf Vorrat gespeichert werden. Dass Menschen ohne Verurteilung eingesperrt oder von Versammlungen ausgeschlossen werden. Diese erlauben es auch, dass die Polizei mit mehr Waffen und stärkerer Gewalt unserer legitimen Proteste zerschlagen darf.

Wir wählen den Weg des Widerstands

Als Zeichen gegen die Abwälzung der Krisenkosten auf uns, gegen weitere Aufrüstung, gegen Sozial- und Demokratieabbau, für Frieden mit Russland und China und gegen das kapitalistische System haben mehr als 15.158 Menschen ihre Stimme der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) gegeben, und somit ein ganzes Stück mehr als 2017 (11558). Bei den zu erwartenden Angriffen ist klar: Die DKP wird in diesem Land dringend gebraucht und zwar als Partei, die nicht nur zu Wahlen antritt, sondern als Partei, die kämpft.

Im Wahlkampf haben wir die Erfahrung gemacht: Viele Jugendliche erleben, dass die Bundesregierung auf ihre Kosten handelt, dass sie auf dem Abstellgleis landen. Die Angst vor Krieg und Klimawandel wächst und mit der Corona-Pandemie hat sich vielen auch die Systemfrage gestellt: Ein profitorientiertes Gesundheitssystem, dass Gesundheit in Fallpauschalen misst und Impfpatente zugunsten der Interessen der Monopole nicht freigibt ist eindeutig nicht in unserem Interesse! Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass mehr Jugendliche auf uns zugehen, mehr Jugendliche selbst aktiv werden wollen. Und genau das ist der einzige Weg etwas zu verändern, denn ob Jamaika oder Ampel – die da oben haben gezeigt, dass sie für uns nichts verbessern werden. Deshalb sagen wir erst recht: Wir wählen den Weg des Widerstands!

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