Tarifabschluss im Baugewerbe. Unzufriedenheit bei Gewerkschaftsmitgliedern.

Erhöhung nicht spürbar

Von Siggi Baumeister

Mit viel Wind in den Segeln ist die IG BAU in die Tarifrunde 2016 gegangen, eine breite Mobilisierung sollte deutliche Signale in Richtung der Arbeitgeberverbände senden. Mit der Tarifrunde 2016 wollte die IG BAU eine zukunftsorientierte Tarifpolitik für das Baugewerbe starten. Doch der Abschluss vom 18. Mai ist für die Beschäftigten im Baugewerbe weder Fisch noch Fleisch, von Zufriedenheit kann in der Mitgliedschaft nicht gesprochen werden.

Zwar versucht die IG BAU das Tarifergebnis schönzureden, doch in den sozialen Netzwerken hagelt es massive Kritik. „Das Ergebnis ist ein Kompromiss, mit dem es sich keine Seite leicht gemacht hat. Die Verhandlungen standen mehrfach vor dem Scheitern. Er geht an die Grenze dessen, was die Kolleginnen und Kollegen gerade noch mittragen können“, sagte der Stellvertretende IG-BAU-Bundesvorsitzende und Verhandlungsführer Dietmar Schäfers. „Uns war insbesondere wichtig, dass wir einen spürbaren realen Nettolohnzuwachs erzielen konnten.“ Für viele Beschäftigte im Baugewerbe ist dieser „spürbare Nettolohnzuwachs“ nicht spürbar. Gerade in ländlichen Regionen und in den neuen Bundesländern ist der Mindestlohn der Tariflohn.

Wie sieht das Ergebnis für die Beschäftigten im Bauhauptgewerbe im einzelnen aus:

2,4 Prozent mehr Lohn und Gehalt (West und Berlin) und 2,9 Prozent mehr Lohn und Gehalt (Ost) rückwirkend ab 1. Mai 2016 für eine Laufzeit von 12 Monaten. Damit verringert sich die Lohndifferenz zwischen Ost und West marginal. Aber nach 26 Jahren ist es der IG BAU nicht gelungen, einen einheitlichen Tarifvertrag für das Bauhauptgewerbe abzuschließen. Weiter kann bei den Löhnen im Baugewerbe von einer Zweiklassengesellschaft gesprochen werden.

Ab dem 1. Mai 2017 erhalten die Beschäftigten 2,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt (West und Berlin) und 2,4 Prozent mehr Lohn und Gehalt (Ost) ab 1. Mai 2017 für eine Laufzeit von 10 Monaten. Der Tarifvertrag endet am 28. Februar 2018. Die Ausbildungsvergütungen erhöhen sich ab Juni ebenfalls in zwei Schritten. Es wurde vereinbart, gemeinsame politische Gespräche mit den Landesregierungen zu führen, um eine Regelung zur Übernahme der Kosten des Berufsschulunterichts zu finden.

Als faulen Kompromiss bewerten viele Beschäftigte die „neue Auslöseregelung“. Hier wurde vereinbart, dass der Arbeitgeber die Unterkunft stellt und eine Auslöse von 24 Euro täglich zahlt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, diesen Betrag durch Betriebsvereinbarung bis zu 28 Euro arbeitstäglich zu erhöhen. Bisher galt nach dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe die tarifliche Regelung, für auswärtig eingesetzte Arbeitnehmer eine Auslösung von 34,50 pro Tag zu zahlen. Für die Stellung einer Unterkunft können von Seiten des Arbeitgebers 6,50 Euro in Abzug gebracht werden. Die tarifliche Neuregelung bedeutet für viele Bauarbeiter, die auf auswärtigen Baustellen beschäftigt werden, einen Verlust von 6 Euro arbeitstäglich.

Viele Forderungen, die für die Beschäftigten im Baugewerbe Per­spektiven und Verbesserungen ihrer Arbeitsbedienungen geschaffen hätten, sind in dieser Tarifrunde Stück für Stück gebröckelt. Die IG BAU steht jetzt vor einer harten Probe: Nach dem Tarifvertrag im Gebäude­reinigerhandwerk wurde mit dem Tarifvertrag im Baugewerbe der zweite Tarifvertrag in einer Kernbranche abgeschlossen, der einiges an Unzufriedenheit unter den Mitgliedern bringt.

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"Erhöhung nicht spürbar", UZ vom 27. Mai 2016



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