Das Mekongdelta kämpft gegen den Klimawandel

Erhebliche Verluste

Von Stefan Kühner

Für Vietnam war 2016 eines der schlimmsten Jahre seit Ende des Krieges, mit Wetterkatastrophen in den Südprovinzen. Langandauernde und wiederholte Dürreperioden haben sowohl im Reisanbau als auch in den Obstplantagen zu einem gravierenden Rückgang der Ernteerträge geführt. 10 000 Hektar Reisland, die auch zur Shrimps-Zucht genutzt werden, wurden 2016 in der Provinz Ca Mau, ganz im Süden des Mekong Deltas, durch den Klimawandel erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Zirka 3 000 Hektar wurden völlig zerstört. Die übrigen Reisfelder mussten Ertragsverluste von bis zu 70 Prozent hinnehmen. Ca Mau hatte sich das Ziel gesetzt 600 000 Tonnen Reis zu produzieren. Die anhaltende Trockenheit im letzten Jahr hat dies allerdings verhindert.

Eine der Hauptursachen für die Verluste ist das Eindringen von Salzwasser. Es zerstört nicht nur die Reispflanzen, sondern auch die Anbauflächen für Obst und Gemüse. Um den Reisbauern zu helfen, empfahlen die lokalen Behörden den Reis früher zu ernten und zu bewässern – vor allem dort, wo der Reisanbau und die Shrimps-Zucht auf einem Feld erfolgen. Diese Doppelnutzung ist eigentlich das Konzept in dieser Region, die den Bauern mehr Einnahmen bringen sollte. Die Provinzregierung unterstützt die Bauern durch den Bau von Süßwasserbrunnen, Berieselungsanlagen und die Verbesserung des Kanalsystems, um die Frischwasserversorgung zu optimieren. Eine weitere Maßnahme ist die Züchtung von Reissorten, die salzunempfindlich sind.

Auch 2017 ist die Situation nicht besser. Wie vietnamesische Online-Zeitungen meldeten, droht Vietnam durch den Klimawandel ein Verlust von über 7 Millionen Tonnen Reis. Die Lebensmittel-Sicherheit des Landes und eine anhaltende Entwicklung der Landwirtschaft seien ernsthaft betroffen, erklärte der Minister für Wissenschaft, Technik und Umwelt, Do Xuan Lan. Nach seinen Aussagen gab es In den letzten 15 Jahren in der Küstenregion und den Einmündungen der Wasserläufe ins Meer erhebliche Erosionen. Offizielle Statistiken zeigen auf, dass durch solche Wetterkatastrophen 300 Menschen ihr Leben verloren und pro Jahr Schäden in Höhe von nahezu einer Milliarde Dollar verursacht wurden.

Laut Plan des vietnamesischen Ministeriums für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (MARD) soll die bislang weitgehend ungesteuerte Reisproduktion zukünftig besser auf den Bedarf in den internationalen Märkten ausgerichtet werden. Kernelement ist eine Reduzierung des Exportvolumens. Dafür soll aber die Qualität von unverarbeitetem Reis und von Reisprodukten deutlich verbessert werden. Derzeit und noch bis 2020 sind zirka 4,5 bis 5 Millionen Tonnen Reis für den Export vorgesehen, 2030 sollen es 4 Millionen Tonnen sein. Die damit erzielten Einnahmen von 2,3 bis 2.5 Milliarden US-Dollar sollen stabil bleiben. Hochwertige Reissorten wie Jasmin- oder Duftreis sowie Langkornreis sollen mit 40 Prozent bzw. 25 Prozent den Hauptanteil am Export einnehmen. Derzeit liegt dieser Anteil bei 10 Prozent. Der wesentliche Grund für diesen Strategiewandel: Die Weltmärkte verlangen die hohe Qualität. Außerdem ist geplant, die Reisexporte nach Afrika auszuweiten.

In einem über vier Jahre ausgelegten Projekt (2013 bis 2017) unterstützt die Bundesregierung Deutschlands über die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) diese Pläne. Unter dem Titel „Better Rice Initiative Asia – hochwertiger Reis für Asien“ sollen die Produktivität im Reisanbau und das Einkommen kleinbäuerlicher Familien gesteigert und die Ernährungslage in Thailand, Vietnam, Indonesien und den Philippinen verbessert werden. In Vietnam sollen im Rahmen des Projektes 3 000 Reisbauern in den drei Provinzen Dong Thap, Hau Giang und Kien Giang geschult werden. Zusätzlich sollen die Bauern durch eine ökologisch nachhaltige Steigerung der Reisproduktion sowie einen besseren Zugang zu Märkten für Qulitätsprodukte unterstützt werden. In Zusammenarbeit mit dem (vietnamesischen) Institut für Agrarpolitik, Strategie und ländliche Entwicklung hat das Projekt gemeinsam mit der Privatwirtschaft ein Modell für Reisanbau entwickelt, das die Partner in den drei Provinzen pilothaft erproben.

Der notwendige Strukturwandel im Mekongdelta führt allerdings keineswegs nur zu Sorgen und Apokalypse-Szenarien, sondern bei internationalen Investoren zu Dollar-Träumen. Unternehmen und Einwohner im Mekongdelta sollen auf den traditionellen Ackerbau verzichten, schlagen sie vor. Zu ihnen gehören auch Firmen und Investoren aus Deutschland. In einer Broschüre vom März 2016 wirbt eine in Frankfurt und Linz ansässige „Business Development Group Vietnam“ (BDG) für Investitionen in Vietnam – insbesondere im Mekongdelta. „Die Region überzeugt durch ihre 10 Millionen Arbeitskräfte und vorteilhafte Lohnkosten“, heißt es in einer Broschüre der Frankfurter.

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"Erhebliche Verluste", UZ vom 17. November 2017



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