Markell Mann über Die Linke vor ihrem Parteitag

Erfurter Weg

Nur knapp unterlag Luigi Pantisano (Die Linke) am Sonntag in der Stichwahl um den Konstanzer Oberbürgermeister gegen einen CDU-Mann. Pantisanos Achtungserfolg gründet sich vor allem auf seine kommunalpolitische Erfahrung. Der Städteplaner sitzt für eine ökologisch-soziale Bündnisliste im Stuttgarter Gemeindetag. Auch die Unterstützung seiner Kandidatur durch die grüne Partei und andere Gruppen in Konstanz half ihm. Die Hürde war für die Unterstützer nicht hoch: Der Wahlkreis-Mitarbeiter von Parteichef Riexinger trat im Stil Ramelows nicht als Kandidat seiner Partei auf.

Eine solche Wahlkampfstrategie passt zu den Ideen der SPD-Vorsitzenden Esken. Während Scholz die Regierungsgeschäfte führt, führen Esken und Walter-Borjans Sondierungsgespräche für eine Rot-Rot-Grüne Bundesregierung. Dass es dafür wohl keine parlamentarische Mehrheit geben wird, soll nicht das Problem sein. Mit den Chefs von Grünen und Linken wird aktuell die Idee einer „Kooperationsregierung“ mit wechselnden Mehrheiten diskutiert. Vorteil wäre aus Sicht der SPD-Co-Vorsitzenden, dass es keinen festen Koalitionsvertrag braucht und man Fünfe gerade sein lassen kann. „Die Linke kann ja die Abschaffung der NATO und die Beendigung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr fordern. (…) In einen Koalitionsvertrag mit der SPD kämen solche Vorhaben aber nie hinein“, wird sie von der „Rheinischen Post“ zitiert. Ob das mit der Linkspartei möglich wäre? Weder die Kandidaturen um die Spitzenämter noch der vorliegende Leitantrag konkretisieren die roten Haltelinien zum Regierungseintritt aus dem Erfurter Parteiprogramm. Unter Erfurter Weg versteht sich heute in der Linkspartei stattdessen die pragmatische Regierungsbeteiligung, wie sie von Ramelow vorgeturnt wird und von der designierten Vorsitzenden Henning-Wilsow in Thüringen mitgeformt wurde.

Nächstes Wochenende soll der Linke-Parteitag in Erfurt stattfinden. Angesichts der Pandemie droht er eintägig und auf die Wahlen beschränkt zu werden. Den „Reformern“ wird es gut passen, wenn kein Platz für zum Beispiel friedenspolitische Debatten ist. Ein Antrag der Kommunistischen Plattform (KPF) und anderer zu „Frieden mit Russland“ sollte ohnehin durch einen Ersetzungsantrag des Parteivorstandes entschärft werden. Solche Spielchen braucht es dann in Erfurt nicht. Die KPF warnt zu Recht vor einem Durchbruch des Reform-Flügels, welcher die Partei „auf den Weg nach Godesberg“ bringe, den die SPD vor einundsechzig Jahren einschlug.

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"Erfurter Weg", UZ vom 23. Oktober 2020



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