Friedrich Merz (CDU) will die „Achse der Autokraten“ bekämpfen und die Rüstungsindustrie zu neuen Rekordgewinnen führen

„Epochenbruch“ fürs Kapital

Friedrich Merz, Kanzler in spe, will’s wissen. Angesichts der Feinde im Inneren und von außen komme Deutschland mit seiner mickrigen „Zeitenwende“ nicht aus den Startlöchern, es brauche jetzt, und zwar sofort, einen „Epochenbruch“. Der CDU-Chef hat in der vergangenen Woche eine „Grundsatzrede“ zur Außenpolitik gehalten. Neues aus den NATO-Schützengräben? Eher nicht. Die CDU kämpft jetzt weltweit gegen die „Achse der Autokraten“, immerhin eine Wortbildungsleistung à la George Bushs „Achse des Bösen“.

Ansonsten gibt’s Hände-an-die-Hosennaht-Rhetorik: Gründung eines „Nationalen Sicherheitsrats“ direkt beim Bundeskanzleramt, endlich eine „echte Nationale Sicherheitsstrategie“ (im Unterschied zur SPD mit großem „N“), „Aufbau und Erhalt einer eigenen Verteidigungsindustrie“, „grundlegende Reform des nationalen Beschaffungswesens“. Klingt alles wie AfD, ist aber Merz. Hier spricht ein Freund der Rüstungsindustrie.

Auch das frisch verabschiedete CDU-Wahlprogramm lässt das Herz jedes waschechten Waffenlobbyisten höher schlagen: Aufbau einer Drohnenarmee, Investitionen in die Drohnenforschung, 23.000 neue Soldaten, Wehrpflicht, Freiwilligendienst, moderne Kasernen und Vollausstattung der Bundeswehr. Dezent weist das Wahlprogramm darauf hin, dass das „2-Prozent-Ziel“ nur die „Untergrenze“ sein kann.

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat das alles in einem Kostengutachten vom 10. Januar durchgerechnet. Um das genannte Ziel zu realisieren, fehlen bis zum Jahr 2028 mindestens 21,5 Milliarden Euro. Für wahrscheinlich werden 253 Milliarden Euro gehalten, die in der kommenden Legislatur fehlen. Folgt man gar dem Trump-Habeckschen Ansatz (5 Prozent), summiert sich das auf 370 Milliarden Euro (mehr als zwei Drittel des Bundeshaushalts). Für Friedrich Merz ist also viel Luft nach oben.

Da kann es nur nützlich sein, sich mit den früheren Aufsichtsratskollegen vom BlackRock-Vorstand auszutauschen. Am Rande des Wirtschaftsgipfels in Davos war Merz zum Dinner geladen. Sicher ein Gleichklang der Herzen, wird es doch um Waffen und Krieg gegangen sein. Im Juni des vergangenen Jahres zog BlackRock die Kaufoption für Rheinmetall-Aktien und erhöhte seine Beteiligung am Rüstungskonzern auf 5,25 Prozent. Klingt nicht viel, ist aber nach der französischen Großbank Société Générale das zweitgrößte Aktienpaket. Eine Woche nach dem Aktiendeal flatterte Rheinmetall ein lukrativer Auftrag der Bundeswehr über Artilleriemunition für 8,5 Milliarden Euro ins Haus – Zufälle gibt’s! Prompt stieg der Kurs der Rheinmetall-Aktie um über 100 Prozent zum Vormonat und bei BlackRock klingelte die Kasse.

Der alten kapitalistischen Logik folgend lässt sich an Kriegen mehrfach Profit machen, dem Ausbau der Rüstungsindustrie und Kriegswirtschaft folgt naturgemäß der Einsatz und die Zerstörung der Waffen und Infrastruktur, was wiederum großvolumige Investitionen in den Wiederaufbau erzeugt. Eine klassische „Win-win-Situation“, die für BlackRock weiterhin ein enormes wirtschaftliches Potenzial bereithält. Nach Schätzungen der Weltbank müssen im kommenden Jahrzehnt mindestens 485 Milliarden US-Dollar fließen, um die Infrastruktur der Ukraine halbwegs wiederherzustellen.

Die früheren Arbeitgeber von Friedrich Merz bewiesen auch hier einen guten Riecher. BlackRock hat sich schon geraume Zeit im Kiewer Beraterstab für Wiederaufbaufragen häuslich eingerichtet. Zusammen mit dem anderen Finanzgiganten, JPMorgan Chase, gründete man die Ukrainische Bank für Wiederaufbau. Fürs erste fließen dorthin die 50 Milliarden Euro Aufbauhilfe aus Brüssel, für die sich die Ampel-Regierung letztes Jahr auf EU-Ebene stark gemacht hatte.

Dass noch mehr kommt, berappt natürlich vom deutschen Steuerzahler, dafür wird Merz schon sorgen. Ihm ging’s richtig gut nach dem Wiedersehen mit den BlackRock-Freunden. Die Hofberichterstattung der „Süddeutschen Zeitung“ lässt daran keinen Zweifel: „Er sitzt an diesem Abend auf einer der vielen Bühnen des Weltwirtschaftsforums in Davos und sagt sogar: ‚Ich bin sehr, sehr glücklich.‘ Merz sagt diesen Satz auf Englisch, damit ihn auch jeder hier versteht. Im Publikum sitzen Zuschauer aus aller Welt. Sie sind gekommen, um ihn zu sehen.“

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"„Epochenbruch“ fürs Kapital", UZ vom 31. Januar 2025



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