Afrika: Bauern ruiniert, Agrarkonzerne profitieren, Bundesregierung hilft

Entwicklungshilfe als Fluchtursache

Von www.german-foreign-policy.com

„Chancenkontinent“ – so preisen Lobbyisten die Möglichkeiten, die sich für Großkonzerne in Afrika bieten. Der Lobbyverband „Subsahara-Afrika Initiative“ (SAFRI) will dazu beitragen, Deutschlands ökonomische Stellung in Afrika auszubauen. Dazu richtete der Verband in der vergangenen Woche den „German-African Business Summit“ aus. Zur Eröffnung betonte Außenminister Steinmeier, dass „noch nie … mehr in Afrika investiert“ worden sei als heute. Es gelte daher jetzt, selbst aktiv zu werden. Direkt daran anschließend begann in Berlin das 15. „International Economic Forum on Africa“. Es wird von der Bundesregierung gemeinsam mit der Afrikanischen Union (AU) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt.

Ein Fokus des „International Economic Forum on Africa“ liegt darauf, die – im internationalen Vergleich sehr niedrige – Produktivität der afrikanischen Landwirtschaft zu steigern. Dafür müsse westliches Kapital nach Afrika gelockt werden, wozu „Kapitalmärkte angezapft und öffentlich-private Partnerschaften gefördert“ werden sollten. Unter westlicher Anleitung etwa bei der Anwendung neuer Anbaumethoden könne eine Steigerung der Produktivität der afrikanischen Landwirtschaft erreicht werden und „enorme Möglichkeiten eröffnen“. „Nachhaltige Lösungsansätze“ kämen der afrikanischen Bevölkerung zugute, steigerten das Einkommen der Landbevölkerung und dämmten die Armutsmigration ein, behaupten die Veranstalter.

„Die deutsche Entwicklungspolitik

könnte als Brandbeschleuniger

für die Flüchtlingsströme nach Europa wirken.“

Tatsächlich knüpfen die auf dem „International Economic Forum“ präsentierten Konzepte nahtlos an die bisherige Praxis westlicher Staaten und Konzerne an, die afrikanische Landwirtschaft bedingungslos den Profitinteressen des Agrobusiness unterzuordnen – eine Praxis, die in der Vergangenheit zur Vertreibung von Millionen Kleinbauern von ihrem Land geführt hat. Beispiele bietet die „New Alliance for Food Security and Nutrition“ („New Alliance“). Sie ist 2012 auf dem G8-Gipfel in Camp David von den sieben führenden Industriestaaten und Russland, zehn afrikanischen Staaten und diversen multinationalen Konzernen ins Leben gerufen worden, darunter die Nahrungsmittel- und Agrarindustrie-Giganten Danone, Nestlé und Monsanto. Zweck des Bündnisses ist es, den „Fluss privaten Kapitals“ zu beschleunigen. Durch Rahmenkooperationsvereinbarungen legen die Bündnispartner fest, „welche Voraussetzungen … die Staaten vor Ort schaffen müssen, um die Investitionen in die Tat umzusetzen“. Vor allem sollen sich die afrikanischen Staaten dazu verpflichten, privaten Investoren einen ungehinderten Zugang zum Kauf von Grund und Boden zu gewährleisten. Die „New Alliance“ erklärt zwar, ihre Maßnahmen sollten auch den Kleinbauern zugute kommen; die Realität sieht allerdings anders aus. Beobachter wie Jan Urhahn (Inkota-Netzwerk) stellen fest, „die wenigen Projekte der New Alliance, die bisher bekannt wurden“, förderten „fast ausschließlich großflächige agroindustrielle Landwirtschaft“. Beispielsweise baut in Mosambik unter dem Schutzschirm der New Alliance die „Mozambique Agricultural Corporation“ (Mozaco) ausschließlich Soja für den Export an; dies hatte für tausende Kleinbauernfamilien den Verlust ihrer Lebensgrundlage zur Folge.

Auch die deutsche „Entwicklungsförderung“ liegt ganz auf dieser Linie. Die Bundesregierung unterstützt die „New Alliance“ mit 352,3 Millionen US-Dollar. 2012 rief sie die die „German Food Partnership“ ins Leben, die nach denselben Prinzipien wie die New Alliance arbeitet. Ihr gehören unter anderem die deutschen Großkonzerne Bayer und BASF an. Welche Profite private Unternehmen – darunter nicht zuletzt deutsche – schon jetzt aus dem Zusammenspiel mit der Entwicklungspolitik ziehen können, zeigt das Beispiel Sambia. Die Berliner Agrarfirma Amatheon Agri etwa hat in dem südafrikanischen Staat 40 000 Hektar Land auf 99 Jahre gepachtet; dort baut sie gewinnbringend Soja, Weizen und Gerste an. Amatheon Agri ist Teil der German Food Partnership. Das sambische Nahrungsmittelunternehmen Zambeef erhielt einer Studie der Entwicklungsorganisation FIAN zufolge ein Darlehen von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), einer Tochter der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), in Höhe von 15,2 Millionen Euro. Der 1994 gegründete Konzern verfügt mittlerweile über 100 000 Hektar Land und „verfolgt ein integriertes Geschäftsmodell – vom Sojaanbau über Fleischverarbeitung bis zum Verkauf hochwertiger Endprodukte über das eigene Einzelhandelsnetzwerk“. Dass derlei „Erfolgsgeschichten“ nicht ohne die gewaltsame Vertreibung zahlreicher Kleinbauern von ihrem Land möglich gewesen wären, wird gewöhnlich verschwiegen.

Das Berliner „World Food Institute – Institut für Welternährung e. V.“ geht davon aus, dass die Transformation der afrikanischen Landwirtschaft gemäß westlicher Konzepte zur „Freisetzung“ – also zum Ruin – von bis zu „400 Millionen Kleinbauern“ führen könnte. Bereits „in den kommenden Jahren“ könnten „mehr als 100 Millionen Kleinbauern in Afrika entwurzelt und in die Slums der großen Städte abgedrängt werden“, wo sie keine Lebensperspektive hätten und sich womöglich denjenigen anschlössen, die schon jetzt von dort nach Europa fliehen. Auf diese Weise könne sich die deutsche Entwicklungspolitik „auf mittlere Sicht … nicht als Hilfe gegen Hunger und Armut in Afrika“ erweisen, warnt das World Food Institute – sondern vielmehr „als Brandbeschleuniger für die Flüchtlingsströme nach Europa“.

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"Entwicklungshilfe als Fluchtursache", UZ vom 18. September 2015



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