Als am Pfingswochenende tausende Umweltschützer in der Niederlausitz gegen den weiteren Abbau des als „Klimakiller“ bekannten fossilen Brennstoffes Braunkohle protestierten, kam es nicht nur zu einer Reihe von Übergriffen der eingesetzten Polizei. Auch Brandenburger Neonazis mischten mit und attackierten die Umweltschützer. So kam es zu brutalen Übergriffen in Welzow und Spremberg. Kohlegegner wurden gezielt angegriffen und geschlagen, mit Feuerwerkskörpern und sogar Fahrrädern beworfen. Auch verfassungsfeindliche Parolen wurden von den Rechten gegröhlt, die teils auch den „Hitlergruß“ zeigten.
Auch die linke Rechtshilfe- und Solidaritätsorganisation berichtete „von Übergriffen durch ortsansässige Nazis und andere aggressiv auftretende Kohlebefürworter“. „Diese warfen Steine in die Sitzblockaden, prügelten direkt auf die Protestierenden ein und lauerten sogar ins Camp zurückkehrenden Personen in den umliegenden Dörfern auf“, so die Rote Hilfe.
Tatsächlich nimmt die Gewalt der extremen Rechten vor allem in ländlichen Regionen zu, wo die Gewalttäter nur selten mit dem Widerstand von Antifaschisten oder der Strafverfolgung durch die Polizei zu rechnen haben. Die „Opferperspektive e. V.“ beobachtete bereits im Jahr 2014 einen Anstieg rechter und rassistischer Angriffe in Brandenburg. Für das Jahr 2015 meldete der Verein für Brandenburg „landesweit eine Verschärfung der rechten Gewalt auf einen alarmierenden Höchststand von 203 Angriffen“. Die Beratungsstelle habe Kenntnis von 415 direkt betroffenen und 291 indirekt betroffenen Personen, im Vergleich zum Vorjahr seien damit 346 Prozent mehr Menschen in Brandenburg bedroht oder angegriffen worden. „Die Gewaltbereitschaft ist insgesamt gestiegen. 138 Taten waren rassistisch motiviert, 36 aus Hass gegen politische Gegner, 9 richteten sich gegen nicht-rechte Personen, 4 Angriffe wiesen ein sozialdarwinistisches Motiv auf, 4 waren antisemitisch motiviert. Drei Angriffe richteten sich gegen Journalisten. Jeweils eine Tat erfolgte aufgrund der sexuellen Orientierung der Betroffenen oder richtete sich gegen Wohnungslose“, berichtet der Opferverein. Damit sei die Hemmschwelle zur Gewalt deutlich gesunken. Zudem reiche das Spektrum der Taten „von organisierten Angriffen rechter Gruppen bis zu spontanen Übergriffen“. Auf politische Konsequenzen aus diesen Verhältnissen wartet man unterdessen bisher vergeblich. Auch seitens der Brandenburger Landesregierung aus SPD und Linkspartei ist außer gängigen Allgemeinplätzen und Phrasen kein Konzept zu erkennen. Vielmehr setzt auch „rot-rot“ auf Extremismustheorie und stellt ausgerechnet militante Neonazis mit deren entschiedensten politischen Gegnern gleich. Auch Informationen darüber, in welchem Ausmaß bei den Brandenburger Nazigruppen sogenannte V-Leute aktiv sind und wie üblich an Straftaten beteiligt sind bzw. diese wie anderenorts in der Republik auch sogar anheizen, ist unbekannt.
Rechte Gewalt ist dabei jedoch keineswegs nur ein Problem ostdeutscher Bundesländer. Auch bundesweit stieg die rechte Kriminalität 2015 überdurchschnittlich an. Insgesamt stieg die offizielle Zahl der politisch motivierten Straftaten um 19,2 Prozent. 22 960 im Bereich der „PMK -rechts-“ verzeichneten die Behörden für 2015 bundesweit. Dies entspricht einem Anstieg von satten 34,9 Prozent. Die Zahl rechter Gewalttaten stieg gar um 44,3 Prozent. Erfasst wurden auch 8 versuchte Tötungsdelikte durch Neonazis. Darüber hinaus habe sich die Zahl der Angriffe auf Asylunterkünfie im Vergleich zum Vorjahr mehr als verfünffacht, gab Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei der Vorstellung der Fallzahlen zur Politisch Motivierten Kriminalität für 2015 vor wenigen Tagen bekannt. Auf Konsequenzen aus dieser Entwicklung dürfte jedoch vergeblich gewartet werden.