Signa-Pleite bedroht tausende Arbeitsplätze – aber nicht das Vermögen des Schuldigen

Enteignet Benko!

Manche zeigten sich überrascht, als die österreichische Beteiligungsholding Signa Ende November in Wien Insolvenz anmeldete. Fünf Milliarden Euro Schulden hatte das Immobilienimperium von René Benko angehäuft und die Zahlungsfähigkeit der Holding zuletzt auf Null gesetzt. Angekündigt hatte sich das aber schon länger. In der linken Zweiwochenzeitschrift „Ossietzky“ etwa schrieb Karl-H. Walloch bereits am 25. November „Benkos Reich wackelt“. Er wies darauf hin, dass in Hamburg und anderen Städten mehrere Signa-Baustellen wegen ausgebliebener Abschlagszahlungen ruhten. Schon am 3. November war Benko aus dem operativen Geschäft herausgedrängt worden. Die Verschleppung der bereits damals notwendigen Insolvenzerklärung gab dem 1977 in Innsbruck geborenen Schulabbrecher und Hütchenspieler drei Wochen Zeit, um das für ihn wahrscheinlich Wichtigste zu tun: Sein 2021 laut der US-Finanzzeitschrift Forbes auf 5,6 Milliarden Dollar geschätztes Vermögen in Sicherheit zu bringen.

Etwas blauäugig schrieb die FAZ am 30. November von einem „Reich des schillernden René Benko“, das „neu zu ordnen eine Herkulesaufgabe“ sei. Dem Artikel beigefügt ist ein eher verwirrendes als Klarheit schaffendes Organigramm der Verschachtelungen der Signa Holding. Der wesentliche Kern solch riesiger Wimmelbilder aus Kästchen und Pfeilen besteht – neben der Verhinderung von Firmengrößen, die nach Betriebsverfassungsgesetz zu einem Betriebsrat verpflichten – darin, wie einst bei der „Titanic“ Schotten zwischen einzelne Teile des Giganten einzuziehen. Einzelne Räume können absaufen, aber möglichst nicht das ganze Schiff. Um im Bild zu bleiben: Die damals den Untergang nicht abwendende Konstruktion ist inzwischen von Finanzjongleuren insofern weiterentwickelt worden, dass die ganze Kommandobrücke abgesprengt werden und als Rettungsboot für Kapitän und engste Vertraute fungieren kann. Das wird vermutlich in den kommenden Wochen passieren: Benkos Vermögen wird gerettet und der Rest geht unter.

Ganz oben auf der Liste der dadurch bedrohten Menschen stehen die rund 12.000 Beschäftigten von Galeria Kaufhof. Sie sind die verbliebene Hälfte der Belegschaft von Kaufhof und Karstadt nach der Übernahme durch Signa. Der damalige Kauf war verknüpft mit fast hundert Standortschließungen und einer Entlassungswelle, die 10.000 Beschäftigte traf. Die Weiterbeschäftigten zahlten – angeblich um ihre Arbeitsplätze zu retten – mit massiven Einkommensverlusten. An den Rettungsmanövern für die Kaufhauskette beteiligten sich Bund und Länder mit Hilfen und Krediten in dreistelliger Millionenhöhe. Sie förderten wissentlich ein Geschäftsmodell, das so funktionierte: Gegen das Versprechen einer High-Tech-Modernisierung der Kaufhäuser drückte ihnen die Holding horrende Mietzahlungen von 180 bis 200 Millionen jährlich aufs Auge. Diese wurden von den Verkäuferinnen und Verkäufern erwirtschaftet und vom Staat mitfinanziert und garantiert. Dieser stete Geldstrom sicherte Benko die Liquidität, um von Berlin und Wien bis nach London und New York Prestigeobjekte in die Höhe zu ziehen. Den Geldgebern, die er einwarb, versprach er Traumrenditen – stattdessen erhalten sie nun Bauruinen.

Solange Kapitalismus existiert wird es solche Skandale geben. Das Mindeste, was jetzt geschehen muss, ist die sofortige Enteignung von René Benko, die Beschlagnahmung seines gesamten Vermögens und das Einleiten von Strafverfahren wegen vorsätzlichen Betrugs. Das von ihm ausgepresste, geklaute und betrügerisch zusammengeraffte Geld darf nicht zur Auszahlung genauso kalt kalkulierender Geldgeber eingesetzt werden. Es muss zur Sicherung der Arbeitsplätze von Galeria Kaufhof und anderer Betroffener eingesetzt werden. Die Beschäftigten sehen wegen Benkos Machenschaften zur Weihnachtszeit einer düsteren Zukunft entgegen.

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"Enteignet Benko!", UZ vom 8. Dezember 2023



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