Im Jahr 2022 wurden in Gladbeck insgesamt 367 Energiesperren durchgeführt. Dies sind 367 zu viel, aber immerhin weniger als in den Vorjahren, in denen durchschnittlich 800, mitunter bis zu 1.000 Haushalten der Strom abgeklemmt wurde.
Seit 14 Jahren prangert die DKP Gladbeck Energiesperren öffentlich und im Stadtrat über ihren Ratsvertreter an. Energiesperre bedeutet für die Betroffenen: Kein Licht, kein Kühlschrank, kein Herd, kein Internet, kein Telefon, oft auch keine Heizung. Kurzum: Man sitzt im Dunkeln und im Kalten und ist von der Öffentlichkeit weitgehend abgeschnitten. Das Bundessozialgericht hatte zu Recht die Feststellung getroffen, dass als Folge einer Energiesperre eine Wohnung regelmäßig nicht bewohnbar ist.
Es trifft hauptsächlich die Ärmsten; aber nicht nur die. Auch mittelständische Haushalte geraten in unerwartete Finanznot und können ihre laufenden Rechnungen nicht bezahlen. Dann erwischt es auch sie. In Deutschland werden jährlich etwa 300.000 Haushalte Opfer von Energiesperren.
Über den Hebel von Energiesperren nutzen die Unternehmer ihre Macht, die Profite hochzuhalten. Andere Wirtschaftskreise wie beispielsweise Handwerker oder Verkäufer haben derartige Hebel nicht, um ihre Forderungen beizutreiben.
Für das Verbot von Energiesperren kämpft die DKP Gladbeck seit mehr als zehn Jahren. Mindestens ein Mal jährlich fordert sie im Sozialausschuss und im Rat, die menschenunwürdige Prozedur zu verbieten. Anfangs stieß die Forderung der DKP bei allen anderen Parteien auf schroffe Ablehnung: „Die Leute sollen gefälligst zahlen. Das machen wir schließlich auch.“ – und die Diskussion war schnell beendet.
Die DKP ließ jedoch nicht locker. Nach einigen Jahren wurde der DKP bei ihrem Antrag entgegengehalten: „Ihr fordert das jetzt schon viele Jahre hintereinander und immer das Gleiche!“ Aber auch hierdurch ließ sich die DKP nicht entmutigen. Auch in den Folgejahren stellte sie regelmäßig Anträge auf Verbot von Energiesperren und forderte bei den Haushaltsberatungen Mittel, um Menschen, die bereits von einer Sperre betroffen sind, schnell und unbürokratisch aus ihrer Notsituation zu befreien.
Die Verwaltung und die übrigen Parteien, insbesondere die SPD, erkannten allmählich, dass man mit dem Thema ernsthafter umgehen muss. Die auch auf Bundesebene geführte Diskussion zu dem Thema ging auch an Gladbeck nicht spurlos vorbei. Folglich verkündete der Sozialdezernent in der letzten Sozialausschusssitzung zur Überraschung der Anwesenden, dass im Jahr 2022 „lediglich“ 367 Energiesperren, also die Hälfte weniger im Vergleich zu den Vorjahren, erfolgt seien.
Was war geschehen? Der DKP-Stadtrat Gerhard Dorka konnte eine günstige Situation bei den Haushaltsberatungen im Herbst 2021 für das Jahr 2022 ausnutzen, um das Verbot von Stromsperren für die Wintermonate Dezember 2021 bis Anfang Februar 2022 durchzusetzen. Gleiches, mit gewissen Einschränkungen, für den Folgewinter 2022/2023. Die Einschränkung der Energiesperren im Winter 2022/2023 erfolgte jedoch ebenso wie im Vorjahr nicht im Selbstlauf.
Im Sommer 2022 drohte infolge des selbstzerstörerischen Wirtschaftskrieges der BRD gegen Russland für den Winter 2022/2023 ein massiver Energiepreisanstieg und somit ein Emporschnellen der Zahl der Sperren. DKP-Ratsherr Dorka, auch Mitglied im Sozialausschuss, beantragte daraufhin, umgehend eine Ratssondersitzung einzuberufen. Dies war mitten in den Sommerferien und nahezu sämtliche Ratsmitglieder hätten ihren Urlaub unterbrechen müssen. Um dies abzuwenden, erklärte sich die SPD, die in sozialen Fragen oftmals auf die Stimme der DKP angewiesen ist, bereit, im darauffolgenden Winter zumindest weitgehend auf Energiesperren zu verzichten. So kam es dann auch.
Aber auch ein weiterer Umstand war wichtig: Die Städte Gladbeck, Bottrop und Gelsenkirchen hatten 2018 durch teuren Zukauf ihre Anteile an dem örtlichen Energieversorger ELE von zuvor 49,9 auf 50,1 Prozent erhöht. Nunmehr bestand deutlich besser als zuvor die Möglichkeit, politisch Druck zur Aufhebung beziehungsweise Reduzierung von Energiesperren auszuüben.
Fazit: Durch jahrelanges hartnäckiges Auftreten der DKP und durch den Erwerb der Mehrheitsanteile an den Energieversorgern durch die öffentliche Hand gelang es in Gladbeck, viele hundert Mitbürger vor den Grausamkeiten einer Energiesperre zu bewahren.