Der Wirtschaftskrieg zwischen Deutschland und den USA findet wahrscheinlich auf einem schon erprobten Feld statt. Es geht dabei um die Energiepolitik. In der vergangenen Woche hat der US-Senat ein Gesetz gebilligt, das der Regierung in Washington jederzeit die Möglichkeit gibt, gegen Unternehmen vorzugehen, die Energiegeschäfte mit Russland betreiben. Explizit bezieht sich der Senat dabei auf die zweite Pipeline der Gesellschaft Nordstream, die russisches Erdgas durch die Ostsee und, was der Zweck der Übung ist, an Polen und der Ukraine vorbei nach Deutschland liefern soll. Schon der Bau der ersten Pipeline hatte die notorischen Russengegner in Wallung gebracht.
Neu ist einerseits das explizite Vorgehen des US-Senats, der die Sanktionsmöglichkeiten bei nur zwei Gegenstimmen (eine davon vom Demokraten Bernie Sanders) verabschiedete. Neu ist auch, dass die Bundesregierung sich laut über die Maßnahme beschwert. Zunächst erhob der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem österreichischen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) den Vorwurf, dass Teile der geplanten Strafmaßnahmen des Senats „völkerrechtswidrig“ seien. Die deutsch-österreichische Empörung richtet sich gegen „die Drohung mit völkerrechtswidrigen extraterritorialen Sanktionen gegen europäische Unternehmen, die sich am Ausbau der europäischen Energieversorgung beteiligen“. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützte ausdücklich Gabriels Position und ließ mitteilen, dass sie die Aktion „befremdlich“ finde. Es sei ein eigenwilliges Vorgehen des US-Senats.
Der Ärger der deutschen Regierung ist verständlich, denn die im Gesetzentwurf des Senats enthaltene Drohung hat sich in früheren Fällen als sehr effektiv erwiesen. Sie besteht darin, europäische und andere ausländische Firmen, die sich am Bau vom Nord Stream II beteiligen, mit schweren Nachteilen auf dem US-amerikanischen Markt bestrafen zu können. Die Sanktionen gegen den Iran haben nur so ihre Durchschlagskraft entwickelt. Der früher blühende deutsch-iranische Warenaustausch wurde drastisch zurückgefahren, weil die deutschen Unternehmen mit erheblichen Nachteilen auf dem für sie weit wichtigeren US-Markt rechnen mussten. Die deutschen Großunternehmen wie zum Beispiel Krupp sahen sich gezwungen, ihre iranischen Aktionäre herauszukaufen.
Gabriel und Kern weisen in ihrer Erklärung darauf hin, dass es dem US-Senat um „den Verkauf amerikanischen Flüssiggases und die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt“ gehe. Absurd ist allerdings, dass der deutsch-österreichische Protest die seit 2014 von den USA und ihren Verbündeten gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen offensichtlich für gerechtfertigt halten. Absurd ist auch, dass der Wirtschaftskrieg nicht von der viel kritisierten protektionistischen Haltung des neuen US-Präsidenten Donald Trump ausgeht. Auf ihm ruhen jetzt die Hoffnungen der Vertreter des deutschen Kapitals. Er könnte gegen den Gesetzentwurf des Senats sein Veto einlegen.