Mehr „europäische Kultur“ bei Netflix und Co., aber auch mehr Werbung

Endlich Peter-Alexander-Filme streamen

Von Herbert Becker

Netflix, Maxdome, Amazon Prime und andere Internetanbieter bestreiten den überwiegenden Teil ihres Angebots aus US-amerikanischen Serien und Filmen. Dies ist den „europäischen Institutionen“, also EU-Ministerrat, EU-Kommission und EU-Parlament nicht recht, sie wollen die „Richtlinie für audiovisuelle Medien“ im Herbst neu fassen. Während sie zu jeder anderen passenden oder unpassenden Stelle vom freien Welthandel schwadronieren, gerade hier – bei über das Internet abrufbaren Inhalten – soll nun eine regionale Bremse eingebaut werden.

Man redet vom „Kulturgut Film“ und „dass derjenige, der mit der Verbreitung von Kulturgütern an europäische Zuschauer Geld verdient, auch für deren Fortbestand in Europa mit verantwortlich ist“.

Deshalb soll nach den Vorstellungen der EU demnächst ein Anteil von 30 Prozent des Angebotes aus europäischen Produktionen kommen, egal wer der Internetanbieter ist.

Völlig offen ist nach der bisher bekannt gewordenen Vorlage, ob dies für das Neu-Angebot der Streaming-Dienste gilt oder ganz generell für das gesamte Material aus Serien und Filmen. Endlich, mag der deutsche Filmliebhaber sagen, findet sich dann auf den Portalen von Netflix und anderen auch das so wertvolle Filmschaffen der UFA aus den 30er- und 40er Jahren, auch die beliebten Filme und Serien mit Heinz Erhard, Peter Alexander oder der Familie Hesselbach können unbegrenzt auf die Heimgeräte geladen werden. Für andere EU-Länder gilt entsprechendes, mir fehlen die Kenntnisse, es ist davon auszugehen, dass dort Besseres produziert wurde, aber wurde es auch anständig synchronisiert?

Wenn die Neuregelung meint, es ginge um neue Produktionen, so wird spannend werden, wie solche US-Firmen sich in europäische Serien und Verfilmungen einbringen wollen, nur mit Geld und wenn ja, mit welchen Anteilen oder auch Einfluss auf Drehbücher, Regisseure und Macharten. Ab wann gilt also eine Produktion als „europäisch“? Darüber schweigt sich die neue Richtlinie aus, viele Möglichkeiten für aufgeregte Debatten tun sich auf.

Ein kleines Schmankerl gibt es auch noch: Die Vorgaben für die werbewirksame Platzierung von Produkten in Filmen soll – wie auch im Fernsehen – gesenkt werden und generell soll gelten, dass die Anbieter nicht mehr nach dem Modus „höchstens 12 Minuten je Stunde“ für Werbung einplanen dürfen, sondern bis zu 20 Prozent „über einen längeren Sendezeitraum“.

Schöne Aussicht: Längere Werbeblöcke in der Hauptsendezeit zwischen 20 und 23 Uhr, und auch die Streamingdienste dürfen nicht nur in der Vorschaltung Werbung einbauen, sondern auch im Film selbst.

Das Schmankerl ist also gar keins, denn während sich Kulturschaffende und Nutzer heftig darüber streiten werden, ob die Kulturpolitik sich aus dem „freien Welthandel“ heraus stiehlt, kommen die eigentlich gewünschten Veränderungen durch die kleine Hintertür in die Film- und Fernsehkultur.

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"Endlich Peter-Alexander-Filme streamen", UZ vom 9. Juni 2017



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