Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Weltbundes der Demokratischen Jugend

Endlich die Welt aufbauen, von der wir geträumt haben

Vor kurzem fand der XXV. Bundeskongress der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) statt. Neben nationalen Partnerorganisationen konnten – Covid-bedingt in kleinem Rahmen – auch Delegationen internationaler Schwesterorganisationen begrüßt werden. Neben Gästen aus der Schweiz, Frankreich und Österreich konnte die SDAJ auch Aritz Rodriguez Galan, den Vorsitzenden des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ), willkommen heißen. Rodriguez ist zudem Mitglied im Zentralkomitee der Kommunistischen Jugendunion Spaniens (UJCE).

UZ: In der Ukraine hält die mit dem Putsch 2014 begonnene Kommunistenverfolgung an, zuletzt wurden zwei Genossen verhaftet. Wie ist der aktuelle Stand rund um die Beiden und wie bewertet der WBDJ diesen ungeheuerlichen Vorgang?

Aritz Rodriguez Galan: Der Erste Sekretär unserer ukrainischen Mitgliedsorganisation, des Leninistischen Kommunistischen Jugendverbandes der Ukraine, Michail Kononowitsch, und sein Bruder Aleksander Kononowitsch wurden am 6. März vom Sicherheitsdienst des neofaschistischen ukrainischen Regimes verhaftet. Sie wurden beschuldigt, russische oder belarussische Spione oder Propagandisten zu sein und laufen Gefahr, jeden Moment zum Tode verurteilt zu werden. Sie sind leider noch immer in einem Untersuchungsgefängnis in Kiew inhaftiert und wurden mehrfach massiv gefoltert. Unserer Einschätzung nach ist dies ein neuer Fall von politischer Verfolgung unserer ukrainischen Genossen. Sie befinden sich seit dem von USA, EU und NATO unterstützten Putsch von 2014 in dieser Situation Das heißt, diese Situation ist nicht neu, aber der imperialistische Krieg hat als Vorwand gedient, um die politische Verfolgung gegen unsere Genossen und jede Opposition gegen das neofaschistische Regime weiter zu intensivieren.

UZ: Wie positioniert sich der WBDJ generell zum Krieg in der Ukraine?

Aritz Rodriguez Galan: Ich empfehle zunächst all jenen, die unsere Positionen genau kennenlernen wollen, unsere Erklärungen zu Beginn der jüngsten Eskalation nach der Verlegung der Truppen und dem Ausbruch des gegenwärtigen Krieges am 24. Februar und die letzte Erklärung zu den kriegstreiberischen und einmischenden Maßnahmen der Europäischen Union zu lesen.

Um den Konflikt in seiner Gesamtheit zu verstehen, dürfen einige wichtige Aspekte nicht außer Acht gelassen werden. Erstens hat dieser Krieg nicht erst jetzt begonnen, sondern wir müssen zumindest bis zum Staatsstreich von 2014 zurückgehen, um ihm einen gewissen Kontext zu geben. Zweitens findet der Krieg in der Ukraine im Rahmen sich verschärfender Gegensätze statt, bei denen es um Einflusssphären, Marktanteile, Rohstoffe, Energiepläne und Transportwege geht. Und drittens sind die Interessen der USA, der EU und der NATO im Zusammenhang mit der Ukraine zu nennen, insbesondere im Rahmen ihrer Strategie der Einkreisung Russlands. Deshalb fordern wir die Beendigung des Krieges und aller Aggressionen, die bereits vor den letzten Ereignissen stattgefunden haben, denn die Jugend und die Menschen weltweit haben nichts in dieser Situation zu gewinnen. Wir rufen zu einer politischen und friedlichen Lösung auf, die auf den Interessen der Jugend und des Volkes basiert und den Willen des Volkes respektiert. Und schließlich, um nicht nur anzuprangern, sondern auch in jedem Land zu handeln, ermutigen wir die antiimperialistische Jugend weltweit, gegen den Imperialismus zu kämpfen; für die Auflösung und sogar das Recht auf den Austritt aus imperialistischen Bündnissen wie der EU und der NATO und gegen den Beitrag der herrschenden Klassen ihrer Länder zu dieser Situation durch militärische Zusammenarbeit, logistische Zuweisung und Stützpunkte sowie politische und wirtschaftliche Unterstützung.

UZ: Der WBDJ entwickelt eine Kampagne für die Freilassung der beiden Genossen in der Ukraine. Was sind die anderen aktuellen Projekte des WBDJ?

Aritz Rodriguez Galan: Die drei Kampagnen, die wir auf der Grundlage der Beschlüsse des Regionaltreffens von Europa und Nordamerika im September letzten Jahres entwickelt haben, waren solidarisch mit der Jugend und dem Volk Kubas, Palästinas und der Westsahara angesichts der imperialistischen Offensiven, insbesondere der herrschenden Klassen in unserer Region. Wir werten diese als Schritt in die richtige Richtung, aktuell liegen weitere Planungen vor. Im besonderen Maß wird der NATO-Gipfel im Juni in Madrid unser nächstes Ziel sein.

UZ: Der WBDJ kann auf eine lange und bewegte Geschichte zurückblicken, derzeit hat sich die Organisation – nach unserer Wahrnehmung – konsolidiert. Wie analysieren Sie die aktuelle Situation, gibt es viele Organisationen, die weltweit Mitglied werden wollen, und wie müssen wir uns diesen Prozess vorstellen?

Aritz Rodriguez Galan: Wir beobachten ein großes Interesse von verschiedenen Organisationen in der ganzen Welt, die den WBDJ als das beste Instrument zur Bekämpfung des Imperialismus ansehen. Nach der großartigen Arbeit, die seit Jahrzehnten geleistet wird, und der Stabilisierung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, wollen junge Menschen aus der ganzen Welt in unserer Organisation mitarbeiten. In diesem Sinne kann die Bewertung nur positiv sein, denn sie bestätigt die gute Arbeit, die geleistet wurde, und öffnet in vielen Fällen auch die Türen zu Ländern, in denen wir derzeit keine Mitgliedsorganisationen haben. Unsere Aufgabe wird es nun sein, diese Mitgliedsanträge bestmöglich zu betreuen, um sicherzustellen, dass dies zu einer quantitativen und qualitativen Stärkung führt. Das heißt, dieser Prozess bedeutet einen Fortschritt in der Präsenz unter den jugendlichen Massen der Welt, die mit den Prinzipien des WBDJ übereinstimmen und die politisch zum Fortschritt unseres gemeinsamen Kampfes beitragen können.

Wir erleben die Folgen des Endes der unbestreitbaren Vorherrschaft der USA, der EU und der NATO als wichtigste imperialistische Kräfte und das Auftreten neuer Mächte, die diese Vorherrschaft anfechten. Daraus erklärt sich das gegenwärtige Szenario verschärfter Spannungen, in dem die USA, die EU und die NATO die Hauptakteure sind, die versuchen, ihre bisherige Position zu verteidigen. Angesichts dieses Szenarios, in dem Kriege, Spannungen und imperialistische Einmischungen zunehmen können, besteht die größte Herausforderung für uns darin, dass die führende Rolle in den kommenden Jahren nicht diesen Kämpfen zwischen den herrschenden Klassen, sondern der Jugend und den Völkern der Welt zufällt. Das und nichts anderes ist unsere große Herausforderung: die Prozesse der Emanzipation, des Kampfes für den Frieden, gegen Ausbeutung und jede Art von Unterdrückung zum Protagonisten zu machen.

Das ist der beste Weg, um Kriege, Spannungen und imperialistische Einmischung zu beenden. Das ist der beste Weg, um unserer Jugend und unserem Volk ein anständiges Leben zu garantieren. Wir hoffen, dass die antiimperialistische Jugend, der Weltbund der Demokratischen Jugend, zu dieser dringenden und notwendigen Aufgabe beitragen wird, um unseren Hauptfeind, den Imperialismus, zu besiegen und endlich die Welt aufzubauen, von der wir geträumt und für die wir gekämpft haben.

Übersetzt und bearbeitet von Melina Deymann

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Endlich die Welt aufbauen, von der wir geträumt haben", UZ vom 22. April 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit