Hamas und Israel einigen sich auf Waffenstillstand – vorerst

Ende des Völkermords?

Nach Monaten über Monaten unablässiger Bombardierungen und Kämpfe in Gaza, nach zehntausenden Toten unterschrieben die Vertreter der Hamas und Israels in Doha, der Hauptstadt von Katar, ein Waffenstillstandsabkommen.

Austausch der Geiseln, Befreiung von Palästinensern aus israelischer Haft, weitgehender Rückzug der israelischen Armee – auch aus dem Philadelphia-Korridor, was Israel lange Zeit verweigert hatte: das sind Kernpunkte in der ersten Stufe des Abkommens. Und, für die Menschen in Gaza das Wichtigste: Jeden Tag sollen 500 Lkw mit Hilfsgütern den Grenzübergang Rafah passieren, die Menschen können wieder zurückkehren – an die Trümmer ihrer Wohnorte.

Das Abkommen, das jetzt unterschrieben wurde, entspricht im Wesentlichen und bis auf einige jetzt geklärte Details dem, was vor Monaten schon ausgehandelt worden war. Doch hat die neu ins Amt kommende US-Regierung sehr viel mehr Druck auf Israel ausgeübt, das Abkommen zu unterschreiben, als es zuvor Joseph Biden getan hatte.

Donald Trumps Sondergesandter für den Nahen Osten, Steve Witkoff, nahm an den Verhandlungen in Doha teil und wollte das Ergebnis Benjamin Netanjahu vorstellen, der aber angeblich wegen des Sabbat keine Besprechung annehmen konnte. Witkoff machte daraufhin sehr deutlich, dass ihm der Sabbat gleichgültig sei.

Trump hat offenbar andere Ziele, als den Genozid in Gaza zu unterstützen. Saudi-Arabien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate orientieren sich auf BRICS. Der andauernde Genozid in Gaza wäre keine gute Voraussetzung für den Versuch, sie wieder verstärkt auf die USA zu orientieren.

Dass Israel jetzt das Abkommen unterschrieb (die Abstimmung im Kriegskabinett steht noch aus), liegt auch am Wiedererstarken der Hamas. Die Verluste der Besatzungsarmee in Gaza sind in den letzten Wochen gestiegen. Wieder und wieder muss sie die selben Gebiete besetzen, um die Hamas zu vertreiben. Das Ziel, die Hamas zu zerstören, ist für Israel nach wie vor unerreichbar.

Der Waffenstillstand hätte schon vor Monaten vereinbart werden müssen, doch scheiterten die Versuche jedes Mal. Das lag nicht nur an Netanjahu und seiner Forderung, den Philadelphia-Korridor dauerhaft zu besetzen. Oder dem Plan einer Gruppe von Generälen – dem Netanjahu zustimmte –, den Norden von Gaza buchstäblich auszuhungern.

Auch der rechtsradikale Minister Itamar Ben-Gvir prahlte kürzlich damit, mit seinem politischen Einfluss und der Macht seiner Partei in der Regierung „wieder und wieder“ die Verhandlungen um den Waffenstillstand blockiert zu haben. Das jetzige Abkommen stellt für ihn – wie für viele Kommentatoren in Medien – eine israelische Niederlage dar. Sollte das Kabinett zustimmen, will er die Regierung verlassen.

Ob mit oder ohne Ben-Gvir, Bezalel Smotrich, Netanjahu und ihren Anhängern: ein andauernder Waffenstillstand ist mit der jetzigen Vereinbarung nicht gegeben.

Die erste Stufe des Abkommens gilt für sechs Wochen. In einer zweiten, daran anschließenden Stufe sollen weitere Geiseln ausgetauscht und weitere Details geklärt werden. Solange diese Verhandlungen andauern, bleiben auch die Regeln aus Stufe 1 in Kraft. Die Garantiestaaten des Abkommens, Katar, Ägypten und die USA, sollen dafür sorgen, dass die Verhandlungen andauern und erfolgreich abgeschlossen werden. Eine Garantie dafür gibt es nicht.

Finanzminister Smotrich fordert schon jetzt eine Wiederaufnahme des Krieges unmittelbar nach dem Ende der ersten Stufe des Abkommens. Womöglich hat er hierfür bereits die Zustimmung Netanjahus erhalten.

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