Bis zum Sommer soll in Gießen ein „freiwilliger Polizeidienst“ eingerichtet werden. Warum der kommen soll, wird aus der Begründung nicht ersichtlich.
Die aktuelle Kriminalitätsstatistik zeigt zwar insgesamt einen Anstieg, aber bei den hier relevanten Bereichen wie Straßenkriminalität, Raub, Vergewaltigung sind die Zahlen gesunken, ebenso bei den Wohnungseinbrüchen. Zugenommen hat das Schwarzfahren und der Ladendiebstahl – um über 80 Prozent. Dagegen werden keine Polizeihelfer gebraucht, das fällt vor allem auch in die Verantwortung der Händler, die durch Personaleinsparung mit dazu beigetragen haben. Alles in allem: Gießen ist sicherer geworden.
Auch die Trainerin der Selbsthilfeorganisation „Unvergesslich Weiblich“ erklärte vor wenigen Wochen: „Alle Polizeistatistiken zeigen, dass die Straftaten zurückgehen. Wir leben draußen schon in einer ziemlich sicheren Welt, schwierig ist die Situation eher im Drinnen.“ Dennoch wird ein diffuses „Unsicherheitsgefühl“ herbeigeredet, um den „freiwilligen Polizeidienst“ zu rechtfertigen. Es geht nur um die „Trinkerszene“. Eingesetzt werden soll er auf dem Bahnhofsvorplatz und vor allem in der Innenstadt und am Marktplatz: Er soll offenbar die „Trinkerszene“ disziplinieren. Das jedoch ist ein untaugliches Mittel und hinausgeworfenes Geld, das z. B. zur Unterstützung der aufsuchenden Sozialarbeit besser ausgegeben wäre. Auch dem Magistrat dürfte klar sein, dass bei zunehmender Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung auch diese Erscheinungen des Kapitalismus zunehmen werden, die man nicht mit Polizeigewalt verhindern kann. Um die Situation zu entschärfen und den Menschen zu helfen, hat die Linksfraktion schon vor Jahren die Einrichtung einer Wärmestube gefordert – das wurde abgelehnt.
20 Personen soll der „freiwillige Polizeidienst“ umfassen und in die Ordnungspolizei integriert werden. Sie sollen dafür sieben Euro die Stunde erhalten (nicht einmal Mindestlohn!), jeweils zu zweit mit einem regulären Beschäftigten eingesetzt werden und dies für 25 Stunden pro Monat. Das sind insgesamt 500 Stunden im Monat – oder die Arbeitszeit von rund drei Polizisten. Da drängt sich der Verdacht auf, ob mit diesem Instrumentarium nicht ein ganz anderer Zweck verfolgt wird, ob damit nämlich längerfristig – wie schon seit Jahren – Stellenabbau im Polizeidienst geplant ist.
Nachtrag: Dieser Artikel basiert auf dem Bericht des Polizeipräsidiums vom 5. Februar 2016. Darin war auch festgestellt worden, dass die Kriminalität von Ausländern um das 2,5fache zunahm, die Zahl der Flüchtlinge aber um mehr als das Vierfache stieg, sie also unterdurchschnittlich kriminell sind.