Der „Freundeskreis Palast der Republik“ erinnert an den 30. Jahrestag der Schließung des Gebäudes

Einmaliges Volkshaus

Nach einer Bauzeit von weniger als 1.000 Tagen wurde am 23. April 1976 im Zentrum Berlins von Erich Honecker der „Palast der Republik“ (PdR) eröffnet. Am 19. September vor 30 Jahren jagte das Büro des DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière (CDU) die „frei gewählte“ Volkskammer aus ihrem Plenarsaal, kurz vor der dritten Lesung des Einigungsvertrages mit der BRD, und schloss das Gebäude. Angeblicher Grund: Asbestgefahr an der von einer schwedischen Baufirma errichteten Stahlkonstruktion. Das Gutachten einer Westberliner Firma wurde nie veröffentlicht, sie aber sollte die Sanierung übernehmen, obwohl preiswertere Angebote vorlagen. Wird in Berlin gebaut, häufen sich solche Zufälle.

1992 forderte ein Landesparteitag der CDU erstmals, den DDR-Palast abzureißen und das Hohenzollernschloss dort wieder zu errichten. Dem folgte die Empfehlung einer internationalen Kommission „Historische Mitte Berlin“ und 2002 der Beschluss des Bundestages, ein „Schlossgebäude“ zu errichten – mit einer satten halben Milliarde Euro aus der Staatskasse. Die Regierenden Bürgermeister Berlins Eberhard Diepgen (CDU) und Klaus Wowereit (SPD), der an der Spitze einer Koalition mit der damaligen PDS stand, beteiligten sich bei der Mobilisierung des Frontstadtmobs. Vom PdR würden nur Zahnstocher übrigbleiben, so Diepgen 1995. Wowereit verlangte 2003 nach Beseitigung des Asbests den sofortigen Abriss. Der begann am 6. Februar 2006, offiziell „Rückbau“ genannt, am 2. Dezember 2008 wurde der letzte Gebäudeteil beseitigt. Am 12. Juni 2013 legte Bundespräsident Joachim Gauck den Grundstein für die Schlosskopie, die Richtung Osten, zum früheren Marx-Engels-Forum hin, eine Betonwand wie nach Architekturwünschen des Führers oder des Duce zeigt. Die Eröffnung im September wurde verschoben, die Baukosten nähern sich flott der 700-Millionen-Marke.

Zum Verhängnis wurde dem PdR sein Erfolg. Mehr als 70 Millionen Besucher kamen in den 14 Jahren seiner täglichen Öffnung von 9 bis 23 Uhr. Der Architekturhistoriker Bruno Flierl bezeichnete ihn als „weltweit einmalig“. In ihm gab es nicht nur Radeberger und Wernesgrüner vom Fass, was in der DDR nicht allgemein üblich war, sondern, so Flierl, „auch der Plenarsaal der Volkskammer ließ das Gebäude nicht zum Herrschaftsbau oder zum Drohzeichen mutieren“. Das besorgt nun symbolisch die demagogisch „Humboldt-Forum“ genannte Hohenzollern-Attrappe. Sie wird vor allem geklaute indigene Kunst aus ehemaligen deutschen Kolonien von der Südsee bis Afrika enthalten und als Bundesraubkunsthalle fungieren.

Der Freundeskreis des PdR erinnerte im September in einer Erklärung daran, dass der Einigungsvertrag einst vorsah, „die kulturelle Substanz im Beitrittsgebiet“ zu erhalten. Die war aber kommunistisch verseucht, was die ideologischen Epidemiologen der BRD nicht durchgehen lassen. Aber die Erinnerung an den Abrissvandalismus, so der Freundeskreis, „hilft, die Gegenwart besser zu verstehen“. Das gilt für den „Palast“, mit dem zu viele Menschen aus Ost und West gute Erinnerungen verbinden, in besonderem Maß.

Weitere Fotos: r-mediabase.eu/erinnerungskultur-30-jahrestag-der-schliessung-des-palastes-der-republik

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"Einmaliges Volkshaus", UZ vom 13. November 2020



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