Die Tarifrunde der IG Metall in der Metall- und Elektroindustrie hat schon vor Wochen begonnen – aber es dringt nicht viel in die Öffentlichkeit. Das hat Gründe. Am 24. Januar hat der IG-Metall-Vorstand den Arbeitgeberverbänden ein Moratorium vorgeschlagen, in dem sie dem Kapital anbieten, vor Beginn der Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie in allen Regionen in Verhandlungen über ein „Zukunftspaket“ zu treten. Ziel dabei ist, dass die Unternehmer die Zukunft der Beschäftigten sichern, indem sie auf Personalabbau, Ausgliederungen, Standortschließungen und Verlagerungen verzichten. Stattdessen sollen sie sich in Zukunftstarifverträgen verpflichten, durch Investitionen und Qualifizierung Beschäftigung, Standorte und Zukunftsperspektiven zu sichern. In die Verhandlungen wird dann ohne eine konkrete Zahl für die Lohnerhöhung eingestiegen. Ziel des IGM-Vorstands ist lediglich, dass die Kaufkraft durch die Entgelterhöhung gesichert wird. Das „Friedensangebot“ beinhaltet auch, dass vor Ende der Friedenspflicht ein Abschluss erreicht wird. Das bedeutet, dass es keine Kampfmaßnahmen geben wird, keine verhandlungsbegleitenden Aktionen, keine Warnstreiks und natürlich erst recht keine Tagesstreiks.
Dies ist eine Einladung an das Kapital, in Hinterzimmern auf Kosten der Kolleginnen und Kollegen eine Nullnummer auszukungeln. Das Moratorium schürt gewaltige Illusionen, dass ohne Kampf dem Kapital Wesentliches abgerungen werden kann, dass es möglich ist, im Einvernehmen mit dem Kapital Arbeitsplätze zu sichern, Verlagerungen und Standortschließungen zu verhindern. Ohne Kampf werden bestenfalls ein paar Kompromisse erreicht, die die Beschäftigten selber bezahlen, aber keine substanziellen Verbesserungen. Dies lehren alle bisherigen Erfahrungen aus den gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen.
Die Reaktion der Metall-Arbeitgeberverbände von Bayern und Baden-Württemberg Ende Januar zeigen, wohin solch ein „Unterwerfungsangebot“ seitens der IG-Metall-Spitze führt: Die Kapitalseite will eine mindestens fünfjährige Laufzeit. Das bedeutet fünf Jahre Ruhe im Betrieb, fünf Jahre Schalten und Walten nach ihrem Gusto und fünf Jahre ohne tarifliches Streikrecht. Außerdem soll die IG Metall keine überzogenen oder unerfüllbaren Erwartungen an die Gesprächsbereitschaft knüpfen, so die Kapitalvertreter. „Wir als Verbände können keine verbindlichen Zusagen machen, die den Betrieben Maßnahmen zum Personalabbau, zu Ausgliederungen, Produktverlagerungen oder Standortschließungen untersagen.“ Außerdem wollen die Arbeitgeberverbände einen „fixen Gesamtprozentsatz möglicher Entgeltbestandteile“ für die fünfjährige Laufzeit festlegen.
Diese Reaktion zeigt, dass das Kapital die ganze Hand amputiert, wenn ein Finger gereicht wird. Soll in der Tarifrunde ein Ergebnis erreicht werden, das den Kolleginnen und Kollegen Verbesserungen bringt, muss das Moratorium vom Tisch. Die Kolleginnen und Kollegen brauchen klare Forderungen, für die es zu kämpfen lohnt.
Wichtig wäre angesichts der Lage in der Metallindustrie, insbesondere in der Automobilindustrie, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich sofort durchzusetzen, insbesondere dort, wo die Kapazitäten schon heute nicht ausgelastet sind, und
- allgemeine tarifliche Arbeitszeitverkürzung für alle um mindestens zwei Stunden bei vollem Lohn- und gegebenenfalls Personalausgleich – auf mittlere Sicht die 30-Stunden-Woche.
- In den östlichen Bundesländern muss die Arbeitszeit sofort an den Westen angepasst werden, das heißt die sofortige Reduzierung auf die 35-Stunden-Woche.
- Betriebsräte sollen keine Überstunden und Sonderschichten mehr genehmigen. Also klare Kante zugunsten einer Umverteilung der Arbeit auf alle.
Deutliche Lohnerhöhungen sind ebenso nötig. Aus Betrieben sind bereits Vorstellungen zwischen 4 und 6 Prozent zu hören. Diese Diskussion darf nicht abgewürgt werden. Eine Forderung von 5 Prozent Lohnerhöhung, mindestens aber 200 Euro, sollte in den Vertrauenskörpern zur Diskussion gestellt werden.
Am 20. Februar beschließen die Tarifkommissionen das Forderungspaket, und der IGM-Vorstand legt am 26. Februar die endgültige Forderung fest. So zumindest war der ursprüngliche Plan. Die ersten Gespräche mit den Arbeitgeberverbänden sind gelaufen. Bei Redaktionsschluss lagen noch keine weiteren Informationen darüber vor.