Erneuter Streik von Lkw-Fahrern. Ausbeuter greift zu Gewalt

Eingeschüchtert und entführt

Zehn Lkw-Fahrer aus Simbabwe streiken seit dem 24. Januar an Raststätten in Deutschland, Frankreich und Italien. Sie fordern die Auszahlung ausstehender Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Der gewerkschaftsnahen Organisation Road Transport Due Diligence (RTDD) sowie ver.di zufolge arbeiten die Fahrer für Global Transporte Slovakia, einer Tochter der Spedition Hegelmann Group, die in Baden-Württemberg ansässig ist.

Die Fahrer werden mit 30 Euro pro Tag abgespeist, berichtet ver.di. Davon müssen sie auch noch Mautgebühren begleichen, sagt Edwin Atema von RTDD.

Einer der streikenden Fahrer sagte der FAZ, er sei im Dezember 2023 von Global Transporte Slovakia über einen Mittelsmann in Südafrika angeworben worden, wo er damals arbeitete. Ihm sei ein Monatslohn in Höhe von 1.500 Euro versprochen worden. Die Firma habe ihm einen Arbeitsvertrag zugeschickt, in dem von 875 Euro pro Monat die Rede war. Dennoch habe man ihm mündlich zugesichert, 1.500 Euro pro Monat zu bezahlen. In Südafrika habe der Familienvater umgerechnet etwa 600 Euro pro Monat verdient. Der Mittelsmann habe ihm geholfen, ein Visum zur Einreise in die Slowakei zu bekommen. Die Gebühren dafür sowie den Flug habe der Fahrer selbst bezahlt.

Seit Oktober 2024 sei er im Lkw unterwegs gewesen und habe auch darin „gelebt“, schilderte der Fahrer der FAZ. Er habe nur einen Bruchteil des vereinbarten Lohns bekommen.

Der Streik erinnert an den langen Arbeitskampf von Lkw-Fahrern aus Osteuropa im hessischen Gräfenhausen im Jahr 2023 (UZ berichtete). Der polnische Spediteur Lukasz Mazur ging damals juristisch gegen die Streikenden vor, die er um Löhne geprellt hatte, und setzte Schlägertrupps ein.

Auch Global Transporte Slovakia soll mit Gewalt gegen streikende Fahrer vorgehen. Einer der Streikenden soll sich verzweifelt telefonisch an Edwin Atema gewandt haben: Er sei von Männern in seinem Lkw entführt worden. Die Männer drohten ihm mit Abschiebung. Medienberichten zufolge verständigte Atema daraufhin die Polizei, die den Lastwagen an der Rastanlage Weißer Graben Süd stoppte. Beamte nahmen einen 31-jährigen Mann fest und leitete ein Strafverfahren wegen Freiheitsberaubung ein. Zwei Männer, die dem Lkw in einem Fahrzeug gefolgt waren, blieben unbehelligt.
Global Transporte Slovakia behauptete zwischenzeitlich, die Ermittlungen seien eingestellt worden, weil die zuständige Staatsanwaltschaft keinen Straftatbestand festgestellt habe. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wies das am Montag zurück. „Im vorliegenden Fall sind die polizeilichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, somit liegt hier auch noch keine Entscheidung der Staatsanwaltschaft vor.“ Die Spedition behauptete zudem, sie würde ihre Fahrer so bezahlen, wie gesetzlich vorgeschrieben.

Immer wieder stehen Speditionen in Europa in der Kritik, weil sie ihre Beschäftigten um Löhne prellen, gesetzlich vorgeschriebene Pausen verbieten und Ruheräume verweigern. Das scheint zum Geschäftsmodell zu gehören, wie auch offenkundige Lügen über den Umgang mit ihren Fahrern. Unternehmen wie Global Transporte Slovakia oder die Speditionen von Mazur setzen darauf, dass die ihre Rechte nicht kennen.

„Politik und Unternehmen müssen endlich Verantwortung übernehmen und die eklatanten Missstände im Straßengütertransport beenden. Dazu gehört auch, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz unverändert beizubehalten“, erklärt die Stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis.

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