Türkische Regierung will Krieg in Syrien führen

Einen Vorwand finden

Von Isaak Funke

Sofort nach dem Anschlag auf das türkische Militär in Ankara am 17. Februar eröffneten regierungsnahe Medien eine Kampagne gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), die in Syrien kämpfen und mit der PKK verbunden sind. Der Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte behauptet, dass ein YPG-Mitglied für den Anschlag verantwortlich sei. Nur einen Tag nach dem Anschlag hatte sich eine andere kurdische Organisation, die TAK (Freiheitsfalken Kurdistans), zu dem Anschlag bekannt. Die TAK ist eine PKK-Abspaltung, die seit 2004 Angriffe vor allem im Westen der Türkei unternimmt und keinen Zweifel daran lässt, dass sie unabhängig von der PKK agiert.

Dass die Regierung sofort die YPG beschuldigte, zeigt, worum es ihr wirklich ging: einen Vorwand zu fingieren, um ihre Einmischung in den syrischen Krieg zu rechtfertigen und die kurdisch kontrollierten Gebiete in Nordsyrien, Rojava, anzugreifen.

Seit Russland Ende September begann, Luftangriffe in Syrien zu fliegen, konnten die syrische Armee und die YPG den unter anderem von der Türkei unterstützten „Rebellengruppen“ eine Reihe von Niederlagen zufügen. Zuletzt drohte einer der Hauptnachschubkorridore zwischen der Türkei und den Rebellen nahe der Stadt Azaz zu fallen. Daraufhin nahm die türkische Armee, die tatenlos zugesehen hatte, als der IS große Teile der syrischen Seite der Grenzgebiete einnahm, ab dem 13. Februar die kurdische Miliz unter Artilleriebeschuss. Die Türkei gestattete mehreren hundert Kämpfern, die Grenze nach Syrien zu überqueren, um die „Rebellen“ zu unterstützen.

Die veränderte militärische Lage hat die USA dazu gezwungen, die Pläne für einen „Regime Change“ zurückzustellen. Die türkische Regierung beharrt weiter darauf, die Assad-Regierung zu stürzen und die kurdischen autonomen Kantone zurückzudrängen. Sie verlangt, dass die YPG als Terrorgruppe eingestuft und mit dem „Islamischen Staat“ (IS) gleichgestellt wird. Sie beansprucht eine mehrere Kilometer tiefe „Sicherheitszone“ in Syrien. Die YPG solle vom Waffenstillstand ausgenommen werden. Die YPG kämpft seit Jahren erfolgreich gegen den IS und andere Terrorgruppen.

Mit ihrer aggressiven Außenpolitik setzt die Türkei den inneren Krieg gegen die kurdische Bewegung fort. Die Armee belagerte wochenlang mehrere kurdische Städte und tötete hunderte Zivilisten. Am 7. Februar ermordete sie in Cizre mehr als 60 Menschen, die vor den Kämpfen in einen Keller geflohen waren.

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"Einen Vorwand finden", UZ vom 4. März 2016



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