Leserbrief zum Artikel "Wogegen richten wir uns?", UZ vom 12. 2. 2021

Eine solche Zeitung brauche ich nicht

Werner Hensel, Braunschweig

Unter der Rubrik „Theorie und Geschichte“ räumt die UZ vom 12. Februar 2021 dem Kreisvorstand der DKP Hannover eine dreiviertel Seite ein, auf der begründet wird, warum die DKP Hannover sich nicht „an den Anti-Querdenken-Protesten, die den politisch wirksamsten und gefährlichsten Rechtskräften in diesem Land keineswegs schaden“, beteiligt. Die gefährlichsten Kräfte sind für die DKP Hannover die „Regierenden selbst“ und „auch die politischen Kräfte in den Oppositionsparteien …“

Sind für die DKP Hannover nicht mehr die Faschisten die gefährlichsten Kräfte? Protestiert die DKP Hannover jetzt nicht mehr gegen Faschisten unter dem Etikett „Querdenken“? Arbeitet die DKP Hannover nicht mehr mit Antifaschisten zusammen, die gegen faschistische Querdenker protestieren und deren soziale Demagogie entlarven wollen?

Gut war, dass in der letzten Bezirksvorstandssitzung der DKP Niedersachsen alle, außer den hannoverschen Genossinnen und Genossen, dem Diskussionsbeitrag der DKP Hannover widersprachen.

Erschreckend ist, dass in der UZ ziemlich genau 80 Jahre nach dem XI. Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale dessen Einschätzungen zur Sozialdemokratie und zur bürgerlichen Demokratie wiederbelebt werden. Josef Schleifstein schrieb dazu 1980: „Im Hinblick auf das Verhältnis zu den sozialdemokratischen Parteien fanden diese Tendenzen (Sozialfaschismus-These, W.H.) ihren krassesten Ausdruck in den Beschlüssen des XI. Plenums des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale vom April 1931, wo die Entwicklung der Sozialdemokratie als „ein ununterbrochener Evolutionsprozess zum Faschismus“ bezeichnet wurde. Dies wurde durch die Schlussfolgerung ergänzt, dass man mit der ,Konstruierung eines Gegensatzes zwischen Faschismus und der bürgerlichen Demokratie sowie zwischen den parlamentarischen Formen der Diktatur der Bourgeoisie und den offenen faschistischen Formen‘ aufhören müsse.“ (Quelle: http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2015/07/die-sozialfaschismus-these/)

Der VII. Weltkongress der KI 1935 revidierte die falsche politische Analyse und zog bis heute gültige Schlussfolgerungen für antifaschistische Politik. Jetzt geht es in Teilen der DKP wieder dahinter zurück.
Schon die Bildungszeitung über reaktionären Staatsumbau relativierte die Bedeutung der bürgerlichen Demokratie und konstruierte die Gesetzmäßigkeit des Faschismus im Kapitalismus.

Offensichtlich stellt sich die UZ, die Zeitung der kommunistischen Partei dieses Landes, mit der Veröffentlichung des Diskussionsbeitrages der DKP Hannover unter der Rubrik „Theorie und Geschichte“ in die Tradition des XI. Plenums der KI. Welchen Sinn macht eine solche Veröffentlichung sonst?
Eine solche Zeitung brauche ich nicht.

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