Alle reden von den Pflegekräften, aber niemand denkt an das Reinigungspersonal, wenn über die Lage in den Krankenhäusern während der Corona-Pandemie gesprochen wird. Die Reinigungskräfte gewährleisten eine keimfreie Behandlung, sind aber meistens noch schlechter gestellt bei Bezahlung und Schutzmaßnahmen als die Pflegeberufe. UZ sprach mit Petra Vogel. Sie ist Reinigungskraft und freigestellte Betriebsratsvorsitzende an einem Bochumer Klinikum.
UZ: In Zeiten von Corona sind Krankenhäuser mehr als sonst Brennpunkte. Kann zurzeit überhaupt die notwendige Sauberkeit gewährleistet werden?
Petra Vogel: Die Klinikleitung hat über ein Jahr niemanden eingestellt, weil sie an uns sparen wollten. Jetzt haben sie die Genehmigung erteilt, fünf Leute einzustellen. Weil sie nicht wissen, was nach Corona kommt, sollen über eine Leiharbeitsfirma nochmal vier oder fünf Leute für einen oder zwei Monate beschäftigt werden.
Der Krankenstand ist unheimlich hoch und die Leute sind überbelastet – auch in der Reinigung, nicht nur in der Pflege. Vom Pflegepersonal sind Leute gekommen und haben uns gesagt: Gut, dass ihr da seid. Ohne euch kämen wir gar nicht mehr klar.
UZ: Die Pflegekräfte werden beklatscht und die Politik überlegt sich Bonbons für sie. Um die Reinigungskräfte kümmert sich niemand. Was müsste geschehen, damit es besser wird?
Petra Vogel: Was wir uns als Reinigungskräfte wünschen, ist nicht eine Prämie, sondern wir wollen einen gescheiten Mindestlohn. Der darf nicht unter 12,50 Euro liegen, damit wir wenigstens so viel Geld haben, dass wir in der Rente keine Flaschen sammeln müssen. Ich bin in der IG BAU und in der Tarifkommission aktiv und habe mich umgehört und alle sehen das so.
UZ: Wie begegnet ihr der Pandemie?
Petra Vogel: In meiner Klinik ist die Lage verhältnismäßig gut, da wir eine sogenannte BG-Klinik (Versorgungseinrichtung der gesetzlichen Unfallversicherung, Anm. d. Red.) sind und strenger kontrolliert werden. Zudem sind über 80 Prozent der Reinigungskräfte in der Gewerkschaft organisiert. Da ist das sehr schwierig, an uns vorbei irgendwas zu machen, was uns schadet. Ich habe da fast 18 Jahre daran gearbeitet. Als ich angefangen habe, waren es keine 10 Prozent.
Unsere Leute sind super gut geschult in Bezug auf Corona. Wer es beim ersten Mal nicht verstanden hat, hat eine zweite Schulung gekriegt. Seit der zweiten Woche bekommen wir alle im Haus Schutzmaterialien, egal ob in der Verwaltung oder der Reinigung beschäftigt. Jeden Morgen kriegen wir eine normale Schutzmaske. FF2-Masken bekommen nur die Intensiv- und die Corona-Stationen, weil es nicht genug gibt.
Ich weiß aber, dass es in vielen Krankenhäusern nicht so läuft wie bei uns. Zum Beispiel sind viele kleine kirchliche Häuser damit überfordert. Schutzmaterialien und Schulungen kosten viel Geld.
UZ: Reicht der Schutz aus?
Petra Vogel: Wir haben normale Mundschutze, die man überall kriegt oder selber nähen kann. Wir sollen bald Mundschutz aus besserem Material bekommen, der dann in der Mikrowelle sterilisiert oder thermisch desinfiziert werden soll. Das heißt, in der Waschmaschine bei 90 Grad mit einem Desinfektionsmittel gewaschen werden. Wir sollen dann auch vier Masken pro Tag bekommen, die wir wechseln können, wenn sie feucht geworden sind.
UZ: Wie macht ihr das bis jetzt?
Petra Vogel: Im Moment haben wir diese Einmal-Mundschutze, die wir nach einem Tag wegwerfen. Man darf sie nicht innen anfassen und muss sie richtig aufsetzen, damit sie etwas bringen. Ich bin da immer sehr hinterher. Fällt mir auf, dass das eine falsch macht, dann sag ich immer, Maske ab, neue holen.
Ich glaube, da sind wir aber eine Ausnahme. Ich habe heute Berichte von den anderen BG-Kliniken gehört, dass nicht genügend Schutzmasken da sind. Das soll sich aber in Zukunft ändern, weil die BG-Kliniken zusammen bestellt haben.
UZ: Wie sieht es mit gewerkschaftlicher Arbeit aus?
Petra Vogel: Im April hätten wir Bundestarifkommission gehabt, bei der Mitglieder aus der Reinigung aus den 56 Bezirksverbänden gekommen wären. Das musste abgesagt werden.
Es ist nicht so, dass wir gar nichts machen. Der Bundesvorstand, der für die Gebäudereinigung zuständig ist, versucht mit den Arbeitgebern in Verbindung zu kommen, aber die wehren sich mit Händen und Füßen.
Ich habe mit vier Betriebsrätinnen aus anderen Krankenhäusern gesprochen, bei denen die Lage schlimm ist. Sie trauen sich aber nicht an die Öffentlichkeit. Aber als Betriebsrätin musst du reagieren oder du stehst mit einem Bein im Knast. Ich habe ihnen geraten, die IG BAU anzurufen, wenn es allzu arg wird und sie das Gefühl haben, dass die Leute nicht sachgemäß ausgestattet oder geschult werden und sich anstecken können. Die IG BAU alarmiert dann das zuständige Gesundheitsamt.
Das Gespräch führte Christoph Hentschel