Z. – Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Nr. 110, Juni 2017
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Die Lohnarbeit von Frauen ist ein altes kapitalistisches und zugleich brandaktuelles Thema. Die aktuelle Ausgabe 110 der „Z. – Zeitschrift Marxistische Erneuerung“ hat dieses Thema zum Schwerpunkt. Wie immer handeln die Autoren der Zeitschrift auch dieses Thema sorgfältig und behutsam ab. Besonders informativ ist ein geschichtlicher Überblick über die langfristige Entwicklung der Frauenlohnarbeit in Deutschland. André Leisewitz stellt dabei ein wenig überrascht fest, dass die Beschäftigtenquote der Frauen vom späten Kaiserreich bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts kaum gestiegen ist. Erst danach nimmt die Lohnarbeit der Frau in Deutschland deutlicher zu. Leisewitz nimmt an, dass eine Ausweitung der Lohnarbeit von Frauen vor allem dadurch behindert worden war, weil die für die Reproduktion erforderliche Arbeit, die unverändert vor allem den Frauen auferlegt ist, keine Ausweitung zugelassen hatte. Die Mechanisierung der Privathaushalte dürfte die entscheidende Rolle gespielt haben. Nützlich sind auch die Beiträge von Ursula Schumm-Garling zur ungleichen Bezahlung von Frauen und von Nelli Tügel, die einige Aspekte der aktuellen Streikkämpfe um mehr Personal in den Krankenhäusern schildert. Diese Streikkämpfe würden Geschichte schreiben, meint Tügel und begründet das schlüssig. Schumm-Garlings Aufsatz konstatiert unverändert große Lohndiskriminierung zwischen Männern und Frauen. Sie berichtet von den verschiedenen anderen Benachteiligungen der Frau. Sie weist auf die Rentenlücke hin, die Frauen erdulden. Sie erklärt, warum Maßnahmen der Regierung wie „Mütterrente“ und „Flexi-Rente“ die Sache nicht besser machen und spricht von der Teilzeitfalle in die Altersarmut.
An einer Stelle zitiert sie zustimmend ein Autorenteam, das die „provozierende Frage“ stelle, „ob Diskriminierung womöglich gesellschaftlich erwünscht“ sei. Gespielte oder wirkliche Naivität? Wahrscheinlich ersteres, denn anderswo zitiert sie Michael Hüther, den Chef des arbeitgebereigenen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), der eine gezielte Diskriminierung der Frau durch die Unternehmer empört zurückweist. Leider wird der Schwerpunkt des Heftes von einem Beitrag (Christa Wichterich: „Neoliberale Erwerbsmärkte, ‚Womenomics‘ und Geschlechterverhältnisse“) eingeleitet, der eher verwirrt als erhellt. Der Text kommt ein wenig als Polemik daher, indem er „Erzählungen“ (statt Thesen) widerspricht, die – so muss man vermuten – von manchen Feministinnen vertreten werden. Der kurze Aufsatz mündet in der Erkenntnis: „Doch Marktinklusion und Lohnarbeit von Frauen entwickeln sich nicht eindeutig, linear und global in Richtung auf mehr Gleichheit und Geschlechtergerechtigkeit.“ Da hat die Autorin leider wahrhaft recht. Ob es nicht aktuell eher in die umgekehrte Richtung geht, hätte der Leser von den Aufsätzen zu diesem wichtigen Thema gern erfahren.
Zu den besonders hervorzuhebenden Aufsätzen außerhalb des Schwerpunktes zählen der „Steikmonitor: Arbeitskonflikte im Jahr 2016“ von einem Autorenteam an der Universität Jena. Der Monitor ist eine halbjährlich erscheinende Übersicht. Er ist als Rückblick über die Arbeitskämpfe im Lande sehr nützlich, zumal er auch eine politische Einordnung der Klassenkämpfe bietet. Sehr lesenswert ist auch ein Beitrag von Ralf Krämer, „Wertschöpfung und Mehrwertaneignung in der digitalen Ökonomie“. Dort wird eine These zurechtgerückt, dass nämlich die digitalen Konzerne (also die klassischen „Google“, „Facebook“ etc.) sich die unbezahlte Arbeitsleistung der Konsumenten von Internetnutzern als Mehrwert aneignen würden. Über die geheimnisvollen Gewinnquellen der Konzerne ist viel Unsinn im Umlauf. Verdienstvoll ist es allemal, solches zurechtzurücken.