Ein Traum

Urlaub I. Geburtstag. Irgendwas mit fünf vorne. Lade absichtlich auf einen Sonntag ein, damit die Bagage nicht bis vier Uhr morgens bechert. Klappt dann auch halbwegs, der mit 30 Leuten eher kleinere Kreis von Ältergewordenen verzieht sich gen Dunkelheit aus dem Schrebergarten. Ich werde weiblicherseits noch bis zur Haustür gebracht, ungefähr 78 Minuten gedrückt und geknuddelt und falle um 23.30 stante pede ins Bett. Am nächsten Morgen die Spendenbüchse durchsehen: 300,- Euro gesammelt für die „Sea Punks – Seenotrettung/Fight racism“. Ein Traum.

Medien I. „Spur zu Nord-Stream-Explosionen führt wohl in die Ukraine“ (n-tv). Und jetzt bin ich überrascht. Nicht wegen der Spur, sondern dass es jemand auch öffentlich schreiben darf.

Urlaub II. Auf zur Wernershöhe bei Hildesheim, das Pfinxttreffen will gefeiert werden. 40 Unentwegte schaffen es bis zur örtlichen Hippiekommune, die mit Campingwiese, verschiedenen Gästezimmern, Großküche und Feuerstelle höchsten Eindruck macht. Erster Abend Bolognese für alle, selbst hingerichtet, vegetarisch. Um die Füße gackern die Hühner Beifall. Ein Traum.

Deutschland I. Während 500 mit Haftbefehl gesuchte Nazis frei herumtollen, sitzt Lina E. zweieinhalb Jahre in Untersuchungshaft und wird zu fünf Jahren verdonnert. Was sie gemacht hat? Angeblich Nazis angegriffen. Findet jemand die Fehler? Es sind ziemlich genau 501.

Fußball. Letzter Spieltag und alle wissen, der BVB wird Meister. Ich nicht. Habe schon seit Tagen ein Gefühl, welches mit „nichtswürdiger Vorahnung“ nicht völlig korrekt beschrieben werden kann. Und so kommt, was kommen muss, der BVB vergeigt es und die schrecklichen Bayern machen das entscheidende Tor in der 89. Minute. Ich sitze ab der 1. Halbzeit abseits der mitgebrachten Leinwand und unterhalte mich mit Menschen über das Leben. Ist schöner.

Medien II. „NRW will Cannabis-freie Zone bleiben“ („Spiegel“). Logisch, Kiffen macht blöd, sich aber schön asozial volllaufen zu lassen, dem nächstbesten aufs Maul zu hauen und in alle Rabatten zu reihern: Ein Traum.

Gesundheit. Nach dem Urlaub ist vor der Zahnärztin, die Messer sind sicher schon gewetzt und die Bohrer poliert. Noch circa ein oder drei Dutzend Sitzungen, dann strahle ich wie Helene Fischer auf Crack. Freu mich schon.
Deutschland II. „Politologe: AfD ist Sprachrohr der Verunsicherten“ (WDR). Einfach nur nein. Die AfD ist ein Nazihaufen und gefährlich, sie spricht für absolut niemanden, der verunsichert ist. Punkt.

Urlaub III. Das Spiel ist zu Ende, die Meisterschaft vergeigt und ganz Dortmund betrinkt sich in die kollektive Bewusstlosigkeit, füllt sämtliche Vorgärten mit Flüssigkeiten aller Art und reißt die Stadt ab. Ganz Dortmund außer Karl. Ich sitze irgendwo im Nirgendwo mit einer wunderbaren Frau zwischen wunderbaren Menschen am Lagerfeuer, ein Gitarrenspieler mit einer Stimme aus reinem Whiskey meets 400 Kippen singt Lieder von Tom Waits, die Sterne leuchten und das Bier ist kalt. Vizemeister eben. Ein Traum.

Pace.