… des Volkes in der Friedensfrage

Ein Tag der Einheit

Kolumne

Die Wahlen in Ostdeutschland sind ein nachhaltiger Schock für die gerupften Ampel-Parteien und die in der neuen Lage noch ratloser gewordene C-Opposition. Der Woidke-Ausbruch ist kein Rettungsanker für die SPD. Die FDP ist im Osten pulverisiert, die ins aggressive Khaki umgefärbte und in ihren entscheidenden Ministerressorts – Wirtschafts- und Außenpolitik – versagende grüne Partei wurde auf die Strafbank gesetzt. Führungen der Linken haben ihrer Partei die Seele ausgeblasen und hinterlassen Trümmer. Die Besorgnis erregenden AfD-Erfolge sind ein Resultat langjähriger Arroganz bundesdeutscher Regierungspolitik über die Köpfe der Menschen hinweg. Alte Throne bersten nun oder stehen auf wackeligem Grund. Volkes Wille stampft auf. Angesichts der vom hiesigen Bellizistenolymp ignorierten horrenden Gefahren, denen Deutschland bei der Stationierung US-amerikanischer Mittelstreckenraketen, einer Eskalation der bestehenden Kriege, etwa auch einem Funkenübersprung auf den Fernen Osten ausgesetzt wäre, ist der Ruf nach Frieden besonders stark. Da verschanzen sich Regierungstross und schwarzes Oppositionstheater in ihrer gemeinsamen Wagenburg, träumen von einer Renaissance der in Frage gestellten Verhältnisse und lassen ihre Medien die im Land lauter werdenden Rufe nach einer ganz anderen, dem Frieden zugewandten politischen und sozialen Wende niederposaunen.

09 Kolumne koenig hartmut 1331 - Ein Tag der Einheit - 3. Oktober, Großdemonstration, Landtagswahlen, Ostdeutschland, US-Rakteten - Positionen
Hartmut König

Giftige Blicke des politischen Mainstreams und der medialen Konkurrenz richten sich zunehmend auf die „Berliner Zeitung“, die noch Raum gibt für vernünftigen Diskurs. Jüngst kam darin der einstige militärpolitische Berater von Angela Merkel, Brigadegeneral a. D. Erich Vad, zu Wort. Er warnt davor, dass die USA mit ihren Raketen Sicherheitsrisiken auf Deutschland verlagern. Es gehe darum, „den USA im Kriegsfall aus Deutschland heraus den Einsatz von Waffensystemen zu ermöglichen, mit denen sie mit minimalen Flugzeiten der Geschosse in die Tiefe Russlands zur Neutralisierung entsprechender russischer Basen wirken können, ohne dass sich die USA selbst gefährden“. So wäre ein auf Europa beschränkter Nuklearkrieg möglich. „Ein außen- und sicherheitspolitisches No-Go aus deutscher Sicht“, meint Vad, denn als Folge würde Russland mit einer weiteren Stationierung von Mittelstreckenraketen im Westen des Landes oder in Belarus reagieren, die „unser Land noch stärker ins Visier russischer Nuklearwaffen“ nehmen würden. Da Deutschland im Kriegsfall das Aufmarschgebiet und die logistische Plattform der NATO wäre, würde „die in Gänze schutzlose deutsche Bevölkerung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt, ohne dass sie dazu selbst gefragt wird“. Obwohl, oder gerade weil, in Deutschland die Hälfte und im Osten fast drei Viertel der Bevölkerung die Stationierungspläne ablehnen, riskiert man das Ausschalten parlamentarischer Debatten. Umso stärker kommt die außerparlamentarische Wirkkraft in Erinnerung.

Ich habe die massenhafte Zustimmung der westdeutschen Bevölkerung zum Krefelder Appell nie vergessen. Den Friedensaufruf gegen die damaligen US-Stationierungspläne hatten nach einem halben Jahr 800.000 und 1983 bereits vier Millionen Bundesbürger unterschrieben. Bestens erinnert sind noch die Follow-up-Veranstaltungen mit bedeutenden Künstlern aus der alten BRD und ihren Gästen. Sie prägten die politische und künstlerische Kultur jener Zeit sehr stark. Und man denkt an die Kundgebung im Bonner Hofgarten, als Heinrich Böll zu Hunderttausenden so eindringlich sprach. Solche Stimmen waren leise geworden. In zunehmend bedrohlicher Lage gewinnen sie wieder an Stärke. Die Lust auf Aktionen wächst, was wir jüngst zu den UZ-Friedenstagen sahen. Während ich diese Zeilen schreibe, wird die Großdemonstration für den Frieden am 3. Oktober in Berlin vorbereitet. Ich hoffe darauf, einen wirklichen Tag der Einheit zu erleben. Der Einheit der Friedenskräfte in Deutschland.

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"Ein Tag der Einheit", UZ vom 4. Oktober 2024



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