Das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ will die AfD bekämpfen und klammert Krieg und soziale Frage aus

Ein sehr, sehr breites Bündnis

Von Olaf Matthes

Unter der Losung „Aufstehen gegen Rassismus – deine Stimme gegen die AfD“ hat sich ein breites Bündnis formiert, das eine linke Antwort auf den Aufstieg der AfD organisieren will. Zur Aktionskonferenz des Bündnisses trafen sich am vergangenen Wochenende 600 Teilnehmerinnen aus einem breiten Spektrum im Frankfurter Gewerkschaftshaus: Abgeordnete der Linkspartei und Flüchtlingsunterstützer, Juso-Funktionäre und Gewerkschafterinnen. Auch DKP und SDAJ hatten Vertreter geschickt, um sich in die Debatten einzubringen.

Die Konferenz legte fest, dass das Bündnis eine möglichst breite Plattform bieten soll. Es will sich darauf konzentrieren, die rassistische Hetze der AfD anzugreifen. Das Bündnis entschied sich dazu, die soziale Frage, die Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und die Kriegsfrage auszuklammern.

Das Bündnis hat beschlossen, zwei Wochen vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl, also am Wochenende 3. und 4. September, ein „Großevent“ in Berlin auszurichten. Ob es sich dabei um ein Konzert, eine Demonstration oder eine andere Aktionsform handeln soll blieb offen. Außerdem will das Bündnis damit beginnen, „Stammtischkämpfer“ auszubilden. Darunter versteht das Bündnis Menschen, die in ihrem Umfeld – Arbeitsplatz, Familie, Sportverein – gegen rassistische Auffassungen argumentieren. Um sie mit Argumenten auszurüsten, will das Bündnis Schulungen organisieren. Dahinter steht die Überlegung, dass die „Rote Linie der Ächtung“ rassistischer Positionen neu gezogen werden müsse: Früher seien Rassisten gesellschaftlich isoliert gewesen, mit dem Aufstieg der AfD breche diese Isolation auf und müsse nun wiederhergestellt werden. So müsse klar werden: „Wenn du bestimmte Ansichten vertrittst, überschreitest du die rote Linie“, heißt es auf der Bündnis-Website.

In allen Debatten der Konferenz ging es auch um die Frage welchen Charakter das Bündnis haben soll. Der Koordinierungskreis hatte sich schon in der Vorbereitung auf eine Ausrichtung festgelegt, die gesamte Arbeit auf die Kritik an der AfD zuzuspitzen, um ein möglichst breites Bündnis herstellen zu können. Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der VVN-BdA, begründete diese Orientierung: Der Rassismus der AfD habe eine besondere Qualität, weil sie die Partei der „rassistischen Massenmobilisierung“ sei. Die AfD „steht für eine andere Republik“ und sei „verfassungswidrig“ – wir müssen, so Kerth, „erstmal die stoppen“.

Diese Ausrichtung des Bündnisses bedeutet auch, vieles auszuklammern: Kriegsfrage, Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, Klassen- und soziale Frage sollen in der Arbeit des Bündnisses keine Rolle spielen. Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer kritisierten diese Ausrichtung. Sie argumentierten, dass es nötig sei, die soziale Frage, die rassistische Politik der Großen Koalition und die Kriegspolitik zu thematisieren, um den Rassisten der AfD etwas entgegensetzen zu können.

Paul Rodermund schlug als Vertreter der DKP vor, einen Satz in die Abschlusserklärung aufzunehmen, der die Kriegspolitik der Bundesregierung als Fluchtursache benennt. Die Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz (Linkspartei) antwortete für den Koordinierungskreis, dass sie persönlich mit dieser Einschätzung einverstanden sei. Aber „das ist nicht die politische Grundlage, auf die wir uns als Bündnis gegen Rassismus stellen.“ Bereits zuvor hatte der Walter Listl, Vertreter des ISW und DKP-Bezirksvorsitzender in Südbayern, argumentiert, man dürfe nicht verkürzen: Das Bündnis müsse Krieg als Fluchtursache und Sozialabbau als Grundlage des Rassismus benennen.

In dem Workshop „Was tun in Betrieb und Gewerkschaft?“ berichteten Hauptamtliche und betriebliche Interessenvertreter von ihren Erfahrungen der antirassistischen Arbeit in Betrieb und Gewerkschaft und diskutierten über den Zusammenhang antirassistischer Mobilisierung und sozialer Frage. Ein Mitglied des Juso-Bundesvorstandes forderte in der Diskussion: „Wir müssen sagen, es ist unanständig, rassistisch zu sein.“ Dazu brauche es ein „inklusives Bündnis“, das die soziale Frage nicht aufgreift, um dadurch eine möglichst große Einheit zu erreichen. Ein Mitglied des Koordinierungskreises vertrat die Auffassung, es „überfordert“ ein antirassistisches Bündnis, die soziale Frage in seine Arbeit einzubeziehen.

Bereits im Dezember hatte sich der Koordinierungkreis des Bündnisses gebildet. Er veröffentlichte einen Aufruf „Aufstehen gegen Rassismus“, den bereits 17 000 Menschen unterzeichnet haben. Unter den Erstunterzeichnern ist der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske, die Grünen-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt und die Bundesministerin und stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig.

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"Ein sehr, sehr breites Bündnis", UZ vom 29. April 2016



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