Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, waren weltweit Millionen Frauen gegen Unterdrückung und Ungleichbehandlung, für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, für eine gleichberechtigte und solidarische Gesellschaft auf der Straße. Der Tag begann mit Demonstrationen in Asien. In Thailand und Indonesien demonstrierten Frauen für Gesetze zum Schutz von Hausangestellten. In Kabul versammelten sich Frauen, um gegen die drastisch eingeschränkten Rechte auf Bildung, Arbeit und Schulbesuch durch die Taliban zu protestieren.
In Frankreich standen die Proteste gegen die Erhöhung des Rentenalters im Mittelpunkt. Der Tag endete mit Aktionen für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in den USA. In anderen Staaten Nord- und Südamerikas richteten sich die Demonstrationen gegen die grassierende Gewalt gegen Frauen und die extrem hohe Zahl von Femiziden, von Morden an Frauen.
Die unterschiedlichen Schwerpunkte der Proteste zeigen, wie viele Themen den Frauen weltweit unter den Nägeln brennen. Sie leben unter Bedingungen, die sie seit Jahrzehnten, zum Teil Jahrhunderten benachteiligen, unterdrücken und in Armut halten.
In Deutschland hatte ver.di bundesweit zu Streiks in Kindertagesstätten und sozialen Einrichtungen aufgerufen. Die Gewerkschaft gibt an, dass rund 70.000 Beschäftigte dem Aufruf folgten und die Arbeit niederlegten. In vielen Städten gab es gemeinsame Kundgebungen und Demonstrationen der Streikenden mit der feministischen Bewegung. Zehntausende waren gemeinsam auf der Straße und haben diesen Tag zu einem kämpferischen Tag für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen gemacht.
In Stuttgart hatten das Aktionsbündnis 8. März, verdi, die DGB-Frauen und viele Frauengruppen unter dem Motto: „Die Krisen stecken im System – feministisch streiken weltweit!“ zu Demonstration und Kundgebung aufgerufen. Knapp 7.000 Streikende und Aktive der Frauenbewegung versammelten sich auf dem Marktplatz in Stuttgart, 3.000 mehr als 2022. Nicht nur der Sozial- und Erziehungsdienst streikte, auch die Beschäftigten der Krankenhäuser und der Verwaltung beteiligten sich.
Christine Behle, ver.di-Verhandlungsführerin und stellvertretende Bundesvorsitzende, verurteilte in ihrer Rede in Stuttgart die Angriffe auf das Streikrecht: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie zwei Jahre Inflation die mühsam über Jahre und Jahrzehnte erkämpften Verbesserungen bei der Bezahlung von Frauen entwerten. Heute am Frauentag kämpfen im ganzen Land Kolleginnen und Kollegen aus sozialen Berufen zusammen für eine gerechte und faire Entlohnung im öffentlichen Dienst. Die Versuche der Arbeitgeber, die Arbeitsniederlegungen als politischen Streik in Frage zu stellen, sind eine Grenzüberschreitung: Der heutige Warnstreik am Frauentag ist hundertprozentig legal und zweihundertprozentig legitim.“
Mit einer Aktion vor dem Stuttgarter Rathaus wurde die Bedeutung der Streiks am Frauentag zum Ausdruck gebracht: „Wenn wir streiken, steht die Welt still“ – das war die Botschaft auf einer 45 Meter langen Folie. Auf der Stuttgarter Königstraße wurde auf Schildern, die an Kleiderbügeln aufgehängt waren, das Recht auf körperliche Selbstbestimmung und damit verbunden die Abschaffung des Paragrafen 218 eingefordert.
Die Polizeipräsenz an diesem 8. März war auffallend hoch – wie auch schon 2022. Ab Mittag fing die Polizei mit Schikanen gegen Aktivistinnen an. Bei einer Stadtverschönerung, die im Vorfeld der Kundgebung die Demoroute und das Stadtbild feministisch prägen sollte, wurden Frauen von der Polizei mehrfach aufgehalten, kontrolliert und durchsucht. Mehrere Aktivistinnen bekamen einen Platzverweis für den gesamten City-Ring und wurden damit von der Demonstration ausgeschlossen. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie lila Tücher, Pro-Choice-Absperrband und Schilder rund um die Demoroute angebracht und Statuen mit Haushaltsgegenständen umdekoriert hätten. Mit letzterem sollte auf die hauptsächlich von Frauen geleistete unbezahlte Hausarbeit aufmerksam gemacht werden. Diese Schikanen und Platzverweise sind eine Fortsetzung der Angriffe auf die Frauenbewegung im letzten Jahr, die zu mehreren Prozessen und Verurteilungen von Aktivistinnen führten.
In Stuttgart war es die größte Frauentagsdemonstration seit Jahrzehnten. Ermutigend war die große Beteiligung an den Streiks. Der 8. März hat gezeigt, wenn zusammengeht, was zusammengehört, wächst die Stärke der Frauenbewegung.