Für seinen Einsatz gegen Israels Völkermord in Gaza wurde Ramsis Kilani aus der Partei „Die Linke“ ausgeschlossen

Ein „schöner Traum“

Auch der Protest von rund 50 Menschen, die sich am vergangenen Freitag um 9 Uhr morgens vor dem Parteibüro der „Linken“ in Berlin-Lichtenberg eingefunden hatten, konnte die Linkspartei nicht vor einem deutlichen Rechtsruck bewahren. Von den zahlreichen Solidaritätsbekundungen innerhalb und außerhalb der Partei unbeeindruckt, machte die Berliner Landesschiedskommission kurzen Prozess und schloss den Palästina-Aktivisten Ramsis Kilani mit sofortiger Wirkung aus der Partei aus.

Den Antrag für den Ausschluss Kilanis hatten die ehemalige Berliner Landesvorsitzende Katina Schubert und der frühere Parteivorsitzende Martin Schirdewan eingebracht. Beide gehören zum rechten Flügel der Partei. Obwohl die schriftliche Begründung des Urteils noch aussteht, erklärte Schubert auf der Plattform X schon einmal freimütig, es sei in dem Verfahren um die „Relativierung des Terrors der Hamas, selektive Kritik an Gewalt gegen Frauen als Mittel der Kriegsführung und die Ablehnung des Existenzrechts Israels“ gegangen. Damit wärmte sie Vorwürfe wieder auf, die Kilani vor allem von der bürgerlichen Presse gemacht worden waren. Dabei waren Zitate Kilanis aus dem Zusammenhang gerissen und bewusst fehlinterpretiert worden. Ramsis Kilani hatte die Falschbehauptungen öffentlich mehrfach widerlegt und zum Teil auch rechtliche Schritte gegen Medien eingeleitet.

Eben diese Kampagne gegen Kilani, die auch vom rechten Flügel der Partei mit der Weitergabe von Interna befeuert worden war, spielte nun die Hauptrolle im Schiedsverfahren. „Ein zentrales Argument für den Ausschluss war, dass es eine mediale Kampagne gäbe, infolge derer Institutionen die Zusammenarbeit mit der Linken wegen meiner Aktivitäten in der Palästina-Solidarität infrage gestellt hätten. Auch wenn mir in der mündlichen Urteilsbegründung bescheinigt wurde, dass mir kein Antisemitismus vorzuwerfen sei und dass ich der Linken keinen vorsätzlichen Schaden zugefügt hätte, wurde ich mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen“, erklärte Kilani nach dem Ausschluss. „In der mündlichen Begründung zeigte sich die politische Motivation der Schiedskommission. Mein Argument, alle Menschen sollten gleiche demokratische Rechte haben, egal ob sie jüdisch, muslimisch oder atheistisch seien, wurde als ‚schöner Traum‘ abgetan. Die Landesschiedskommission ist damit der Logik der bedingungslosen Unterstützung des Staates Israels gemäß der deutschen Staatsräson gefolgt und hat diese über das Existenzrecht und die Gleichberechtigung palästinensischer Menschen gestellt.“

Keine Rolle spielte hingegen der Genozid, den der israelische Staat derzeit in Gaza begeht. Damit falle der Urteilsspruch hinter die jüngsten Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs zurück, so Kilani, der von einem „Armutszeugnis für eine linke, internationalistische Partei“ sprach.

Welcher „Schaden“ der Partei durch Kilanis Aktivitäten in der Palästina-Solidarität entstanden sei, konnte im Verfahren nicht konkret erklärt werden. Unter anderem deshalb sei der Ausschluss „in der Form nicht rechtens“, wie Rechtsanwalt Alexander Gorski nach dem Urteilsspruch ausführte. Er hatte dem Verfahren beigewohnt und eklatante Mängel festgestellt: „Für einen Parteiausschluss sieht auch die Satzung der Linkspartei hohe Hürden vor. Es muss einen Verstoß gegen den Grundsatz der Partei geben und dadurch muss der Partei ein schwerer Schaden entstanden sein. Es ist den Antragsstellern und der Kommission aus meiner Sicht nicht gelungen, nachzuweisen, dass es erstmal einen Verstoß gegen irgendwelche Grundsatzpositionen gibt.“ Die Äußerungen Kilanis hätten sich „im Rahmen des parteilichen Meinungskorridors bewegt“. Noch schwerer sei es, den behaupteten „schweren Schaden“ zu beweisen. Es habe lediglich „anekdotische Geschichten“ gegeben, dass manche Organisationen aufgrund der Aussagen Kilanis nicht mehr mit der Partei „Die Linke“ zusammengearbeitet hätten. „Genauso könnte Ramsis sagen, er kriegt sehr viel Support aus der jüdischen Community, von antirassistischen Aktivistinnen und aus ähnlichen sozialen Bewegungen, die jeden Tag auf die Straße gehen und von der Polizei unterdrückt werden. Das wurde nicht in Betracht gezogen.“

Nach dem Ausschluss hagelte es Solidaritätsbekundungen aus der Linkspartei und von außerhalb. Der rechte Rand in der „Linken“ gab sich hingegen keine Mühe, seine Begeisterung zu verstecken. „Endlich eine gute Nachricht!“, freute sich Andreas Büttner auf der Plattform X. „Jetzt fehlt nur noch der Unvereinbarkeitsbeschluss mit Sozialismus von unten“, forderte er weitere administrative Maßnahmen gegen die Parteilinke. Vor seiner Karriere in der „Linken“ hatte Büttner Funktionen bei der CDU und der FDP ausgeübt. Immer wieder tritt er als Hardliner auf, wenn es darum geht, die deutsche Staatsräson durchzusetzen.

Von solchen Kräften will sich Kilani jedoch nicht einschüchtern lassen. „Die Schiedskommission und die beiden Antragstellenden stehen nicht für die gesamte Partei ‚Die Linke‘, aus der ich viel Solidarität und Rückhalt erhalten habe“, dankte er den zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern. Er wolle „weiterhin alles tun, mit den Genossinnen und Genossen innerhalb und außerhalb der Linken die Solidaritätsbewegung mit Palästina aufzubauen. Die Waffenlieferungen für Israels Völkermord in Gaza müssen beendet werden. Menschenrechte sind unteilbar – das ist mehr als ein ‚schöner Traum‘. Lasst und gemeinsam dafür einstehen.“

Im UZ-Interview sprach Ramsis Kilani über das Verfahren und die Verfälschung seiner Aussagen in den bürgerlichen Medien.

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"Ein „schöner Traum“", UZ vom 13. Dezember 2024



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