Auf Twitter zeigt das ukrainische Kriegsministerium den Krieg so: Raketenwerfer erleuchten den Nachthimmel, Russlands Panzer gehen in Flammen auf und ukrainische Soldaten lachen tapfer der Sonne entgegen. „Bald kommt die Jagdsaison“, heißt ein Video, in dem der Einsatz von Leopard-2-Panzern angekündigt wird. Es zeigt russische Truppen im offenen Gelände, die künftig von „hungrigen Raubtieren“ gefressen werden sollen, wie die Stimme aus dem Off erklärt. Ein anderer Film versetzt den Zuschauer in die Perspektive eines Kampfjetpiloten, der ein unbekanntes Ziel beschießt. Im Hintergrund läuft psychedelische Musik. Technische Sterilität und Schützengrabenromantik inszenieren das reale Schlachten wie einen Actionfilm. Dreck, Blut, Verstümmelung und Tod werden nur punktuell präsentiert, um vermeintliche Kriegsverbrechen zu zeigen, die ausschließlich von der russischen Armee begangen werden. Die Ukrainer bleiben sauber.
Diese Bilder prägen auch hierzulande die Darstellung des Krieges. Das nimmt zuweilen bizarre Formen an. Nachdem die ukrainische Armee die Eroberung Chersons angekündigt hatte, ließ Russland die Stadt evakuieren. Der Präsidialamtschef in Kiew bezeichnete die Rettung der Bevölkerung als „Propaganda“. Schließlich würde die ukrainische Armee „nicht auf ukrainische Städte schießen“. Vom jahrelangen Beschuss des Donbass mal abgesehen: Was war denn geplant? Die erste unbewaffnete Offensive der Militärgeschichte? Die offensichtliche Absurdität der Geschichte hinderte hiesige Medien nicht daran, sie abzudrucken.
Hinzu kommt der Hohn. Die russischen Soldaten werden in der ukrainischen Propaganda als „Orks“ bezeichnet oder mit den Sturmtruppen aus „Star Wars“ gleichgesetzt. Keine Menschen, sondern Bestien und Killer-Klone sind es, die aus dem Leben gesprengt werden sollen. Dieser Zynismus setzt sich in Deutschland fort, wenn die Außenministerin im Karneval Kriegswitze reißt und der Verteidigungsminister mit einem Spielzeugmodell des Leopard-2-Panzers nach Kiew fährt. Er zeigt sich auch, wenn der „Konfliktforscher“ Christian Mölling im „Stern“-Podcast „Ukraine – Die Lage“ erklärt, dass Verhandlungen derzeit aussichtslos seien: „In der Konsequenz ist dieses Gemetzel, der Tod vieler tausend Menschen, notwendig.“ Zuerst sei eine „Erkenntnis, ausgedrückt in Leichensäcken, die nach Russland nach Hause kommen“, geboten. Außerdem wachse in der Ukraine eine „heroische Gesellschaft“, die sich auf einen „militärischen Sieg“ eingeschworen habe.
Der Tod von Hunderttausenden: hinzunehmen, kriegswichtig oder gleich eine karnevalistische Lachnummer. Den Ukrainern wird dabei zugebilligt, als „Helden“ zu sterben. Für die Nationalisten in den ukrainischen Streitkräften mag das verlockend klingen. Für die Männer, die seit Erlass des Ausreiseverbots massenhaft an die Front gezwungen werden, ist der Heldentod sicher kein Trost. Sie sterben in einem Stellvertreterkrieg, der schon längst beendet sein könnte. Wenn Deutschland das Minsker Abkommen ernst genommen hätte, anstatt es für die Aufrüstung der Ukraine zu nutzen, wie Angela Merkel inzwischen zugibt. Wenn nicht ständig noch schwerere Waffen ins Kriegsgebiet geliefert würden, wenn die Friedensverhandlungen nicht vom „Wertewesten“ blockiert worden wären, wie der israelische Ex-Premier Naftali Bennett vor kurzem berichtete. Doch das Leben der Wehrpflichtigen gehört nicht zu der Art von „Werten“, die von der NATO verteidigt werden. Und weil das so ist, spielt ihr Tod hierzulande keine Rolle. Mehr Panzer fordern sich leichter, wenn man die Augen vor denen verschließt, die am Ende davon beschossen werden oder darin verbrennen.