Ein rechter Aktivist

Nina Hager zu neuen Gesetzen, zur CDU und zu Rainer Wendt

Am Mittwoch der vergangenen Woche billigte das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf, den Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eingebracht hatte. Angeblich gibt es immer mehr und heftigere Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte. Ein neuer Straftatbestand des tätlichen Angriffs soll eingeführt, der Strafrahmen verschärft werden. Als hätte Strafverschärfung jemals für weniger Straftaten gesorgt.

Frank Tempel, Vize-Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Linkspartei, hält den vorliegenden Gesetzesentwurf für „Symbolpolitik“. „Eine Strafverschärfung macht den Alltag von Polizistinnen und Polizisten sowie von Rettungskräften keinen Deut sicherer“. Auch Juristen haben den Entwurf bereits kritisiert. Das bisherige Strafrecht reiche völlig aus, entsprechende Übergriffe zu bestrafen. Wenn sie denn tatsächlich stattgefunden haben. Oft genug werden nämlich vor allem Teilnehmer linker bzw. antifaschistischer Demonstrationen – wie zum Beispiel Pfarrer König aus Jena – durch fehlerhafte oder Falschaussagen plötzlich zu Beschuldigten.

Beifall kommt dagegen unter anderem von Rainer Wendt. Dem geht der Gesetzesentwurf noch nicht weit genug. Wendt, Polizeihauptkommissar aus Duisburg, ist seit 2007 Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG) im Beamtenbund, nicht zu verwechseln mit der DGB-Gewerkschaft GdP, deren Vertreter sich oft genug gegen Äußerungen des DpolG-Chefs positionieren mussten.

Wendt ist in den Medien allgegenwärtig. Fast keine Talkshow zum Thema „innere Sicherheit“ findet ohne ihn statt. So verlangte er u. a. den Einsatz von Gummigeschossen gegen linke Demonstranten, begrüßte den martialischen Einsatz der Polizei gegen Stuttgart-21-Gegner am 30. September 2010, will längere Schlagstöcke und auch Elektroschocker einsetzen dürfen. Er watscht Gerichte und Rechtsanwälte ab. Kritisiert Politiker wegen antifaschistischen Engagements. So den damaligen Bundestagsvizepräsidenten Thierse (SPD), der sich am 1. Mai 2010 an einer Sitzblockade gegen einen Nazi-Aufmarsch in Berlin-Prenzlauer Berg beteiligte. Über die „Junge Freiheit“ forderte er dessen Rücktritt, nachdem Thierse den Polizeieinsatz im Februar 2011 in Dresden kritisiert hatte. 20 000 Menschen hatten sich einem Naziaufmarsch entgegengestellt. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsströme verlangte Wendt an den Grenzen einen Zaun zu bauen.

Er schreibt auch Bücher. „Deutschland in Gefahr“ heißt sein aktuelles. Der Untertitel lautet: „Wie ein schwacher Staat unsere Sicherheit aufs Spiel setzt“. Um die Sicherheit ist es hierzulande natürlich schlecht bestellt. Wendt behandelt „Schicksalsfragen unserer Gesellschaft (und) des ganzen europäischen Kontinents“ und stellt „uns“ gegen die „Fremden“. Die Bundesrepublik ist ein Staat im Zusammenbruch. „Hier sieht Wendt: Zerfall, Korruption, Staatsferne, Versagen, Willkür. Daneben klar denkende Polizisten wie sich selbst und ein äußerst gereiztes Volk“, schrieb Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, in einer Rezension in der Zeitung „Die Zeit“. Fischer: „Er geriert sich als Stimme einer Empörung, ja einer ‚Bewegung‘.“ Im Buch kann man auch Sätze finden wie „Die Hälfte der Deutschen hat es satt, als Nazis abgestempelt zu werden.“

Der Aktivist der Rechtsentwicklung läuft nicht etwa bei Pegida und Co. mit. Er ist auch nicht bei der NPD oder der AfD, sondern Mitglied der CDU. Er will „mit Begeisterung“ für seine Partei Wahlkampf machen, damit aus den Beschlüssen des letzten Parteitags der CDU (Verschärfung des Asylrechts, noch mehr „innere Sicherheit“) Wirklichkeit wird und die christliche Regierungspartei das Land deutlich weiter nach rechts bewegt.

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"Ein rechter Aktivist", UZ vom 17. Februar 2017



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