In Hamburg geht in wenigen Wochen die Ausstellung „Das Kapital“ zu Ende. Anlässlich seines 150. Jubiläums wurde im „Museum der Arbeit“ im ehemaligen Arbeiterviertel Hamburg-Barmbek über sechs Monate lang ein Einblick in die Entstehung und Wirkung dieses Werks von Marx gegeben. Von der Masch Bergedorf organisiert, trafen sich Kursteilnehmer und Genossinnen und Genossen der DKP und der SDAJ zu einem gemeinsamen Besuch und einer Führung durch die Ausstellung. Der Referent, Jürgen Bönig, klärte detailliert über die historischen Zusammenhänge auf, die Marx aller Wahrscheinlichkeit nach dazu veranlassten, sein Buch in Hamburg bei Otto Meissner verlegen zu lassen. Diese Zusammenhänge legten offen, dass auch der Weg zur Buchherausgabe ein politischer Akt war.
Leider werden eben diese Zusammenhänge in der Ausstellung selbst nicht offensichtlich dargestellt. Da ist zu erkennen, wie London und Hamburg 1867 aussahen, in welcher Bibliothek Marx tagein tagaus an „Das Kapital“ schrieb und wo der Verlag in Hamburg war. Ein ganzer Raum ist auch der Überfahrt von England nach Hamburg gewidmet. Hervorgehoben wird in der ersten Hälfte der Ausstellung der Charakter des Schriftstellers Marx. Sehr enge und unleserliche Schrift, unrealistische Vorstellungen, was die Produktionszeit betrifft und Unklarheiten über den Stand seines Schreibens werden als Alleinstellungsmerkmale dargestellt. Die zweite Hälfte der Ausstellung ist einigen zentralen Begriffen des „Kapitals“ gewidmet. Geld, Ware, Wert und einige Begriffe mehr werden kurz definiert und mit interessanten, zum Teil interaktiven Darstellungen veranschaulicht. Ein paar von ihnen können sehr gut als Anregung für die eigene Bildungsarbeit dienen. Eine schöne Idee ist, mittels einer Waage und Gewichten Klassenkampf zu inszenieren. Hierfür werden die Waagschalen in Kapital- und Proletariatseite aufgeteilt. Jeder Seite steht ein Sammelsurium an Durchsetzungsmöglichkeiten zur Verfügung, die mit unterschiedlichen Gewichten ausgestattet werden. Dann kann das Spiel losgehen und beide Seiten machen ihre Züge. Die Aufteilung der Gewichte war in der Ausstellung allerdings derart, dass die Arbeiterklasse nicht gewinnen konnte.
Der letzte Part beschäftigt sich mit der Reichweite des Buchs. Dafür wurden alle nur denkbaren marxistischen Ausrichtungen benannt und in zwei, drei Sätzen definiert. Sehr interessant, ist man doch schon mit manchen Strömungen in Kontakt gekommen oder wurde gar selbst manch einer zugeordnet. Zusätzlich werden Fotos von Menschen und ihrer Ausgabe des Buches ausgestellt. Man erfährt, dass sich Helmut Schmidt Notizen an den Rand gemacht hat und ein Student sich nur bis Seite 2 Sätze unterstrichen hat. Letztendlich ist es tatsächlich eine Ausstellung über das Buch an sich und weniger über seine Inhalte. Karl Marx wird als Schriftsteller dargestellt, der sich mit dem „Kapital“ übernommen hat und nicht über eine reine Analyse hinauskam. Hätte man sich noch nie mit Marx und dem „Kapital“ beschäftigt, könnte man den Eindruck gewinnen, dass es dabei nicht um Politik und die Veränderung der Gesellschaft geht. Die interaktiven Darstellungen waren sehr bereichernd, sonst wäre die Ausstellung ohne die Führung enttäuschend gewesen. Das kann man aber auch im Buch von Jürgen Bönig „Karl Marx in Hamburg – Der Produktionsprozess des Kapital“ nachlesen.