Initiative kämpft für die Erinnerung an Antifaschisten

Ein Platz für die Gingolds

Von Mathias Meyers

Schon kurz nach dem Tod des Widerstandskämpfers Peter Gingold, Ende Oktober 2006, wurde öffentlich in deren Heimatstadt Frankfurt am Main eine Ehrung für ihn und seine bereits 2001 verstorbene Frau Ettie gefordert.

Ettie und Peter Gingold lernten sich in den 1930er Jahren in Paris kennen, waren dort Mitbegründer der „Freien Deutschen Jugend“ und unterstützen mit ihrer Gruppe den Kampf gegen den deutschen Faschismus. Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht schlossen sich beide der Résistance an und übernahmen wichtige Aufgaben. Peter Gingold organisierte die Agitation unter deutschen Soldaten mit dem Ziel, einzelne von ihnen zum Aufgeben und für die Unterstützung des Widerstands zu bewegen. Nach seiner Verhaftung und schwerster Folter durch die SS gelang ihm eine spektakuläre Flucht. Ettie Gingold organisierte sichere illegale Verstecke für die Familie, transportierte Flugblätter, Geld und Material für die Résistance. Beide Gingolds scheuten vor keiner Aufgabe zurück, mit Mut und Entschlossenheit kämpften sie unter Einsatz ihres Lebens.

Nach der Befreiung vom Faschismus lebten beide in Frankfurt am Main und kämpften mit der KPD für ein freies, antifaschistisches Deutschland. Wie viele andere Widerstandskämpfer waren sie schockiert, als immer mehr alte Faschisten in ihre Funktionen zurückkehrten und die Kommunistische Partei 1956 verboten wurde. Erneut waren sie gezwungen, in der politischen Illegalität zu arbeiten. Dieser Aufgabe stellten sie sich, sie kämpften jahrzehntelang in der Friedensbewegung und traten den neuen wie den alten Faschisten mit aller Entschiedenheit entgegen. Unvergessen ist Etties Rede auf der größten Friedensdemonstration in der BRD im Bonner Hofgarten. Sie allein hatte mehr als 12000 Unterschriften unter den „Krefelder Appell“ gesammelt.

2010 gründete sich in Frankfurt am Main die Gingold-Erinnerungsinitiative, die sich seither unter anderem für eine öffentliche Würdigung einsetzt. Dies immer auch mit dem Hinweis auf die unermüdliche Zeitzeugenarbeit der Gingolds, die damit dafür Sorge trugen, dass Jugendliche die Wahrheit über den deutschen Faschismus, seine Ursachen und Nutznießer erfahren konnten. Unterstützt wurde die Initiative in ihren vielfachen Aktivitäten dabei immer wieder von Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern sowie zahlreichen Gruppen und Organisationen. Seit mehreren Jahren wird nun schon das Ziel verfolgt, im Frankfurter Stadtteil Niederrad einen kleinen Platz – in unmittelbarer Nähe der Wohnung der Gingolds – nach Ettie und Peter zu benennen. Nachdem erste bürokratische Vorwände aus dem Weg geräumt worden waren, folgten viele Gespräche mit Abgeordneten des zuständigen Ortsbeirates. Eine der beiden großen Fraktionen, die der CDU, stellt sich quer, sozialdemokratische Abgeordnete unterstützen die Initiative sowie die Fraktion der Partei „Die Linke“ und einzelne Vertreter der Grünen und der FDP. Als im März 2016 die Erinnerungsinitiative zum 100. Geburtstag von Peter Gingold einlud und zusammen mit mehreren hundert Gästen würdig feierte, schickte der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann ein Grußwort. Er dankte der Initiative für ihre anhaltenden Bemühungen „um die Erinnerung an das wichtige Wirken des bekennenden Antifaschisten Peter Gingold wach zu halten und zu würdigen. Ich bin glücklich, dass er ein Sohn unserer Stadt ist.“

Am 9. März 2019, einen Tag nach Peter Gingolds 103. Geburtstag, hat die Initiative nun dazu eingeladen, den besagten Platz an der Reichsforststraße/Ecke Neuwiesenstraße um 15 Uhr schon mal symbolisch nach Ettie und Peter zu benennen. Hierin wird sie erneut unterstützt von mehr als 130 Frankfurter Personen, Gruppen und Organisationen.

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"Ein Platz für die Gingolds", UZ vom 1. März 2019



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