Es ist eigentlich keine Überraschung mehr, dass die Bundesregierung und sämtliche Ministerien hierzulande wie selbstverständlich Erdogans Job erledigen. Egal, ob es sich um türkische Kommunisten oder kurdische linke Oppositionelle im Exil handelt, es hagelt Anzeigen, Strafbefehle und oftmals jahrelange Gefängnisstrafen für völlig reguläre politische Aktivitäten.
Natürlich geht immer noch eine Schippe drauf, das konnten 19 linke Aktivisten erleben, als sie am vorletzten Wochenende am frühen Morgen am Düsseldorfer Flughafen festgesetzt wurden. Die Gruppe wollte in den Nordirak reisen, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen. Denn nachdem die türkische Armee bereits seit Jahren völkerrechtswidrig in Syrien operiert und dort im Verbund mit islamistischen Milizen gegen die kurdische Bevölkerung vorgeht, ist nun seit ein paar Wochen der Nordirak an der Reihe. Mit der Ankündigung, gegen die PKK-Guerilla vorgehen zu wollen, gab es wiederholte Angriffe auf die Zivilbevölkerung, unter anderem den Beschuss eines Geflüchtetenlagers mit Drohnen.
Von den NATO-Staaten, allen voran der BRD, gibt es wie immer ohrenbetäubendes Schweigen. Aus diesem Grund haben sich linke Aktivisten verschiedener Parteien und Initiativen zur „Delegation for Peace“ zusammen geschlossen. Mit Ortsbegehungen, der Dokumentation von Kriegsverbrechen und einer internationalen Konferenz in Erbil sollte die Weltöffentlichkeit auf die dramatischen Geschehnisse aufmerksam gemacht werden.
Das ist nicht die erste Aktion dieser Art, Delegationen in die Türkei, zum Beispiel bei Wahlen oder zum kurdischen Neujahrsfest Newroz, haben eine lange Tradition. Diese Reisegruppen haben sich oftmals gegen Schikane zur Wehr zu setzen, allerdings von Seiten türkischer Behörden. Am Düsseldorfer Flughafen überraschte derweil die Bundespolizei mit abenteuerlichen Behauptungen. Die Ausreise wurde fast der gesamten Gruppe untersagt, da es Erkenntnisse gebe, die Reisenden wollten sich als „menschliche Schutzschilde“ zwischen die feindlichen Linien begeben. Und das würde die außenpolitischen Belange der Bundesrepublik tangieren, schließlich sei die Aktion ja „PKK-gesteuert“.
Die Betroffenen bekamen ein vierwöchiges Ausreiseverbot, das sich bei kommenden Exkursionen gar nicht gut im Reisepass macht, das dürfte auch die Absicht sein. Bei der Festsetzung der Abgeordneten der Hamburger Linksfraktion Cansu Özdemir haben sich die Verantwortlichen dann doch etwas verhoben. Ihr wurde letztendlich kein Ausreiseverbot erteilt, aber trotzdem dafür gesorgt, dass der Flieger ohne sie startete.
Die Delegationsteilnahme aus Deutschland konnte trotz behördlicher Kreativität nicht komplett verhindert werden. Auch die Schikanen vor Ort durch die KDP-Regionalregierung verfehlten ihr Ziel. International erregte die Repression bei Abreise und im Nordirak selbst Aufmerksamkeit. Daran kann jetzt angeknüpft werden, um auf die systematischen Menschenrechtsverletzungen der türkischen Armee hinzuweisen und die permanente Amtshilfe für das Erdogan-Regime anzuprangern.
Schön war zu sehen, dass die Delegationsteilnehmer von zahlreichen Aktivisten bei ihrer Rückkehr am Düsseldorfer Flughafen empfangen wurden, um weitere „Maßnahmen“ zu verhindern.