Für Wohnungen, Kitas, Umwelt und Frieden: Alfred J. Arndt kandidiert als Bürgermeister von Mörfelden-Walldorf

Ein Kommunist gegen den Klüngel

Alfred J. Arndt ist Stadtrat für die Fraktion DKP/Linke Liste in Mörfelden-Walldorf. Am kommenden Sonntag kandidiert er für das Amt des Bürgermeisters. Im UZ-Interview spricht Arndt über die größten Herausforderungen in der Stadt und die Schwerpunkte seines Wahlkampfes.

UZ: Am kommenden Wochenende finden die Bürgermeisterwahlen in Mörfelden-Walldorf statt. Du kandidierst für die DKP/Linke Liste. Wo liegen derzeit die größten kommunalpolitischen Herausforderungen in Mörfelden-Walldorf?

Alfred J. Arndt: Die größten Herausforderungen bilden die Wohnungsfrage, der Mangel an Plätzen in den Kindertagesstätten, sie liegen in der Behebung von Verkehrsproblemen sowie in der Lösung von Umwelt- und Klimafragen.

UZ: Mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten gehst du ins Rennen?

Alfred J. Arndt: Mit der Feststellung, dass alle diese Themen zusammenhängen und der Schlüssel zu Ihrer Lösung weiter „oben“ liegt. Die Wohnungsnot wird durch Siedlungsdruck verursacht. Das Rhein-Main-Gebiet ist ein Ballungsraum, während Nord- und Mittelhessen und noch mehr die östlichen Bundesländer entindustrialisiert werden. Die Bevölkerungszahl insgesamt stagniert, aber sie sinkt im Osten und steigt im Westen. Viele finden hier nur eine zeitweilige Unterkunft und fahren zum Wochenende nach Hause. Es entstehen „Handwerkerwohnungen“, bei denen ein Haus statt zwei nunmehr sechs bis acht Mietparteien beherbergt. Das wiederum führt zu Parkplatznot. Jeden Freitagnachmittag und Montagmorgen gibt es auf der A5 eine „Völkerwanderung“. Der „Marktdruck“ derjenigen, die bleiben wollen oder können, trägt zur Explosion der Baukosten und Mieten bei (das ist auch eine der Ursachen für den Mangel an Kita-Plätzen).

Die „Lösung“ der bürgerlichen Parteien liegt seit Jahrzehnten bei der Ausweisung immer neuer Baugebiete. Das geht auf Kosten der abnehmenden, ohnehin schwer geschädigten Waldgebiete und Grünflächen. Es gibt Hinweise, dass einige Lokalpolitiker eng mit dem Baugewerbe verbandelt sind, andere mit der Immobilienspekulation. Alteingesessene haben verstanden, dass weitere Flächenversiegelung Wahnsinn ist. Man erinnert sich an die Startbahn West und daran, dass wir „Starkregenereignisse“, die statistisch als „Jahrhundertereignisse“ geführt werden, heute zweimal in einem Jahr haben. Zudem sind die meisten der neugebauten Wohnungen für Normalverdiener nicht bezahlbar. Neu Hinzugezogene sehen diesen Zusammenhang seltener oder nehmen ihn nicht ernst.

Eine entscheidende – aber nicht von allen erkannte – Rolle spielt die Verwicklung der deutschen Rüstungsindustrie in mehrere Kriege und das jetzt massiv betriebene Streben nach „Kriegstüchtigkeit“. Die Milliardenkosten dieser Kriegstreiberei schlagen auch auf die Städte und Gemeinden durch. Sie werden durch erhöhte Steuern und Gebühren und die Streichung von „freiwilligen Leistungen“ bei der Einwohnerschaft eingetrieben – zusätzlich zur Abzockerei an Supermarktkassen und Zapfsäulen.

UZ: Du hast in der Vergangenheit häufiger beklagt, dass das Konnexitätsprinzip nicht eingehalten wird – Kommunen also nicht die notwendige Unterstützung von Bund und Land erhalten, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Wie macht sich das vor Ort bemerkbar?

110803 Interview Arndt - Ein Kommunist gegen den Klüngel - Alfred J. Arndt, DKP Mörfelden-Walldorf, Georg Zwilling, Mörfelden-Walldorf - Kommunalpolitik

Alfred J. Arndt: Durch circa 700 Kinder auf der Warteliste für einen Kita-Platz. Kita-Plätze sind schwer zu schaffen, sowohl baulich als auch personell. Die gesetzlich vorgeschriebene Bevorzugung privater Träger schafft nicht die beabsichtigte finanzielle Erleichterung durch Beteiligung von Privatkapital an Bau und Betrieb von Kitas. Sie schafft im Gegenteil eine Lage, in der private und kirchliche Träger der Stadt gegenüber im Vorteil sind und sie nötigen können: Sie berufen sich auf die Bevorzugungspflicht, steuern aber nur geringe Summen bei und fordern den Löwenanteil der Finanzierung von der Stadt ein. So ist die Gemeinde gezwungen, für eine Kita, die „privat“ oder kirchlich ist und demnach nur die Hälfte (oder weniger) kosten sollte, mehr als 80 Prozent der Kosten aufzubringen und den Großteil davon auf die Gebühren umzulegen. Da hilft es auch nichts, wenn diese „sozial gestaffelt“ sind. Dazu kommt der Mangel an ausgebildeten Fachkräften, der dafür sorgt, dass viele geschaffene Stellen unbesetzt bleiben und trotz vorhandener Bauten nicht alle Kinder aufgenommen werden können. Man sollte erwarten, dass durch die Gesetzgebung des Bundes, die jedem Kind einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz einräumt, auch eine Kostenübernahme durch den Bund eintritt. Das ist aber nicht so. Durch das „Kita-Qualitätsgesetz“ hat der Bund in den Jahren 2023 und 2024 rund vier Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das reicht aber bei weitem nicht aus. Dazu gibt es noch ein dickichtartiges Geflecht von Landessubventionen, das die Lücke aber auch nicht schließen kann. Von unserer Forderung, dass Kitas ein Teil des Bildungssystems und damit beitragsfrei sein müssen, sind wir noch weit entfernt.

UZ: Welchen Gestaltungsspielraum gibt es trotzdem?

Alfred J. Arndt: Die Hessische Gemeindeordnung (HGO) weist dem Bürgermeisteramt eine Zwitterstellung zwischen einem Landesbeamten (Bürgermeistereien waren früher großherzogliche Behörden) und einem gewählten Volksvertreter zu. Die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung sind für ihn verbindlich. Die Direktwahl des Bürgermeisters (seit Januar 1991) führt oft dazu, dass er nicht der Mehrheit in diesem „Stadtparlament“ angehört und somit seine eigenen politischen Ziele nur schwer durchsetzen kann. Die HGO bietet allerdings die Handhabe, Beschlüssen der SVV zu widersprechen und sie in einem weiteren Schritt zu beanstanden. Sie werden dann zum Gegenstand einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Auch die häufige Einberufung von Einwohnerversammlungen kann ein Mittel sein. Im Jahr 1932 hatten die Mörfelder mit Georg Zwilling einen kommunistischen Bürgermeister gewählt. Er hat in Zeiten höchster Arbeitslosigkeit und Not alle Möglichkeiten seines Amtes ausgenutzt, um die Lage der arbeitenden Bevölkerung zu erleichtern. Das führte zu seiner Amtsenthebung durch die Landesregierung. Er hat sicher viele Fehler gemacht – hinterher ist man immer schlauer. Ich habe großen Respekt vor diesem Mann – man kann viel von ihm lernen.

UZ: Mit Blick auf den Wahltag: Wie hast du die Stimmung im Wahlkampf wahrgenommen? Sind die Einwohner bereit für einen Wechsel?

Alfred J. Arndt: Das ist schwer einzuschätzen. Die SPD hatte – nur mit Unterbrechung durch die Nazi-Zeit – von 1919 bis 2019 in Mörfelden-Walldorf (und zuvor in den noch selbstständigen Gemeinden Walldorf und Mörfelden) den Bürgermeister gestellt. Der überraschende Kandidaturverzicht ihres Kandidaten lässt eine große „verwaiste“ und orientierungslose Stammwählerschaft zurück. Der SPD-Vorstand kann sich nicht zu einer Wahlempfehlung durchringen und ergeht sich in unverständlicher Geheimniskrämerei. Zum Kreis der Kandidaten hat sich recht spät noch ein Parteiloser aus dem Vereinsmilieu gesellt, der eine „Wild Card“ darstellt. Dazu kommt die Angewohnheit vieler „schlauer“ Wähler, eine „strategische“ Wahlentscheidung zu treffen: Eigentlich würden sie schon den Kommunisten wählen, weil sie sein Programm mögen, sehen aber keine Chance, dass er in die Stichwahl kommt. Daher wählen sie Schwarz, um Grün zu verhindern, oder Grün, um Schwarz zu verhindern. Es ist daher fraglich, ob die Wähler in Mörfelden der traditionell sozialdemokratisch-linken Grundstimmung der Stadt treu zu bleiben versuchen oder in einem der bürgerlichen Kandidaten eine – wenn auch unwillkommene – Abwechslung sehen.

Mehr über Georg Zwilling, den ersten kommunistischen Bürgermeister von Mörfelden, ist in der Broschüre „Der Kampf der roten Kommune Mörfelden“ zu erfahren. Sie kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden.

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"Ein Kommunist gegen den Klüngel", UZ vom 14. März 2025



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