An Julian Assange wird ein brutales Exempel statuiert. Der Journalist und Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks wird trotz seines kritischen Gesundheitszustands seit April 2019 in Isolationshaft im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh gefangen gehalten. In den USA ist Julian Assange für die Enthüllung von Kriegsverbrechen und Machtmissbrauch der „Spionage“ angeklagt und mit 175 Jahren Gefängnis bedroht.
Julian Assange muss aus medizinischen wie aus rechtsstaatlichen Gründen umgehend freigelassen werden. Wiederholt hat auch der UN-Sonderberichterstatter zum Thema Folter, Nils Melzer, diese Forderung erhoben. Er hatte den inhaftierten Journalisten erstmals am 9. Mai mit einem unabhängigen Ärzteteam in Belmarsh besuchen können und in seinem Bericht anschließend festgestellt, Assange zeige „alle Symptome, welche typisch sind für Opfer langandauernder psychischer Folter“. Sie sind offensichtlich Folge seines Aufenthalts in der Botschaft Ecuadors in London, wo er von 2012 bis 2019 zwar politisches Asyl vor einer drohenden Auslieferung an die USA erhalten hatte, gleichzeitig aber isoliert war und systematisch überwacht und am Ende unsäglich schikaniert wurde.
Nach seiner Verhaftung durch die britische Polizei hat sich der Gesundheitszustand von Julian Assange weiter verschlechtert. Die Bedingungen, unter denen er in Belmarsh festgehalten wird, sind mit einer reinen Auslieferungshaft nicht zu rechtfertigen. Assange muss 22 bis 23 Stunden am Tag alleine in seiner Zelle verbringen, jeder Kontakt zu anderen Gefangenen wird strikt unterbunden.
Für seine herausragende Arbeit wird Julian Assange nun systematisch zerstört. Der unsägliche Umgang mit ihm soll potentielle Nachahmer abschrecken. Der Angriff auf sein Leben ist ein Angriff auf uns alle, auf die Pressefreiheit und die Demokratie schlechthin. Wer Kriegsverbrechen anordnet und begeht, gehört ins Gefängnis, nicht wer sie enthüllt. Es ist eine Schande, dass die von Wikileaks aufgedeckten Verbrechen bis heute ungesühnt sind. Ehemalige US-Kriegspräsidenten werden hofiert und honoriert, während Julian Assange im Gefängnis gequält wird.
Assange ist ein politischer Gefangener und braucht unser aller Solidarität. Er kann unter den Bedingungen der Isolationshaft weder genesen noch sich angemessen auf sein Auslieferungsverfahren vorbereiten, das kommenden Monat in London beginnen soll. Die anhaltende Inhaftierung verstößt gegen rechtsstaatliche wie menschenrechtliche Prinzipien und verunmöglicht ein faires Verfahren.
Eine Auslieferung von Julian Assange an die USA muss verhindert werden. Dazu braucht es großen öffentlichen Druck, auch auf die Bundesregierung, damit diese sich im Vereinigten Königreich mit Nachdruck für seine Freilassung einsetzt und mit für dessen Sicherheit und Genesung sorgt. Julian Assange ist ein Held, der unsere Verteidigung braucht. Er hat für seine journalistische Arbeit Auszeichnungen verdient, keine Auslieferung an seine politischen Verfolger.
Sevim Dagdelen ist Außenpolitikerin der Bundestagsfraktion „Die Linke“