Zum Tod von Umberto Eco

Ein Großer der Literatur, engagierter Linker und Antifaschist

Von Gerhard Feldbauer

Am Freitag vergangener Woche starb Umberto Eco im Alter von 84 Jahren. Mit ihm verlor nicht nur Italien einen weltberühmten Literaten, herausragenden Philosophen, aber auch Sprachwissenschaftler, der zu brennenden Fragen der Politik klare Positionen bezog. „Seine scharfen und lebendigen Gedanken, seine Menschlichkeit“ werden uns fehlen, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur ANSA. An der Spitze zahlreicher Persönlichkeiten würdigte Premier Renzi sein „außergewöhnliches Beispiel für europäische Intellektuelle, sein einzigartiges Verständnis der Vergangenheit, verbunden mit einer unerschöpflichen Fähigkeit, die Zukunft vorherzusehen“.

Nach dem Studium der Philosophie und Literaturgeschichte arbeitete Eco zunächst für Medien und Verlage, wurde 1971 Professor für Semiotik (Zeichentheorie), erhielt danach zahlreiche Gastprofessuren in aller Welt und mehr als 30 Ehrendoktortitel. Er war fast 50, als 1980 sein erster Roman, „Der Name der Rose“, erschien, der seinen Ruf als einer der Großen der zeitgenössischen Weltliteratur begründete. Der zu Thomas von Aquin promovierte Autor führte die Leser in eine Benediktinerabtei des Mittelalters in den Apenninen. Vor dem Hintergrund theologischer Auseinandersetzungen klärt der Mönch William mit dem an Conan Doyles Sherlock Holmes erinnernden Namen von Baskerville eine Mordserie auf. Das Erstlingswerk erlebte eine 14-Millionen-Auflage in über 30 Sprachen. Zur weltweiten Bekanntheit trug Jean-Jacques Annaud bei, der das Buch mit Sean Connery in der Hauptrolle auf die Leinwand brachte. Ein internationaler Erfolg wurden ebenso „Das Foucaultsche Pendel“ (1988) wie auch die „Die Insel des vorigen Tages (1994) und „Baudolino“ (2000), die auch Ecos antifaschistische Haltung widerspiegeln. In Deutschland erschien 2011 sein Roman „Der Friedhof in Prag“.

Zu zahlreichen Auszeichnungen, darunter 1981 der „Premio Strega“, 1999 der „Pour le Mérite“, kam 2014 in Mainz der Gutenberg-Preis. Das Kuratorium ehrte seine „brillanten kulturtheoretischen Überlegungen“ und nannte Eco einen „begnadeten Erzähler“, der Millionen von Lesern in Buchkultur und -geschichte eingeführt habe. Auf das 2009 verliehene Bundesverdienstkreuz soll Eco weniger Wert gelegt haben. In den meisten Nachrufen wird erwähnt, dass er auch des Nobelpreises würdig gewesen wäre.

Auch als international gefeierter Literat blieb Eco weiter Journalist, war bis zuletzt Kolumnist bei mehreren italienischen Tageszeitungen und dem Wochenmagazin „Espresso“. Eco hat sich nie ins Studierstübchen zurückgezogen. Er war in der Politik engagiert und bezog entschieden antifaschistische Positionen gegen den Medientycoon Berlusconi, in dessen Regierungen er „ein Erbe des übelsten Faschismus“ verkörpert sah. Mit Andrea Camilleri und Antonio Tabucchi, der in seiner Erzählung „Im Reich des Heliogabal“, die Mediendiktatur Berlusconis mit der „orientalischen Form der Despotie jenes Soldatenkaisers“ verglich, protestierte er in zahlreichen Zeitungsartikeln. Darunter auch in der kommunistischen Zeitung „Manifesto“, die das Kabinett Berlusconis als „eine schwarze Regierung“ entlarvte. Nach den blutigen faschistischen Ausschreitungen der Berlusconi-Regierung auf dem G8-Gipfel im Juli 2001 in Genua, die in den Medien als „chilenische Nacht“ bezeichnet wurden, gründete Eco 2002 mit Gleichgesinnten die Oppositionsgruppe Intellektueller „Libertà e Giustizia“ (Freiheit und Gerechtigkeit) gegen den Regierungschef, die ihren Namen von der gleichnamigen Widerstandsorganisation gegen Mussolini lieh.

Umberto Eco heiratete 1962 die Deutsche Renate Ramge, eine Dozentin für Kommunikation und Design, mit der er in Mailand lebte und einen Sohn und eine Tochter hatte. Das Multitalent besaß eine Privatbibliothek von etwa 50 000 Büchern.

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"Ein Großer der Literatur, engagierter Linker und Antifaschist", UZ vom 26. Februar 2016



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