„Ein Glücksfall für unser Land“

Man muss es ja nicht gleich machen wie die Kollegen von „tagesschau.de“, die ihrem Artikel mit den Reaktionen zum Tod von Horst Köhler die Überschrift „Ein Glücksfall für unser Land“ verpassten. Am Ende war der Mann doch harmlos. Vorbei die Zeiten, in denen er mit dem unabsichtlichen Aussprechen der Wahrheit für Furore sorgte. Natürlich war es auch schon im Jahr 2010 kein Geheimnis, dass deutsche Kriegseinsätze der Durchsetzung ökonomischer Inte­ressen dienten. Aber das sprach man nicht aus, wenn man nicht Köhler hieß und im „Deutschlandfunk“ vor sich hinstotterte, dass Krieg und Außenhandelsorientierung zusammengehören und dass es „wieder sozusagen Todesfälle geben“ werde. „Man muss auch um diesen Preis sozusagen seine am Ende Inte­ressen wahren.“ Jürgen Trittin (Grüne) sprach damals von „Kanonenbootpolitik“. Heute herrscht großes Einvernehmen, dass die Bundeswehr dafür da ist, die Handelswege im Roten Meer freizuschießen und „unsere Inte­ressen“ in alle Welt zu tragen – im Zweifel bis nach Moskau. Köhler habe uns daran erinnert, dass „Politik Mut, Weisheit und Haltung braucht“, drückt sich Robert Habeck (Grüne) ein Tränchen raus. Wer nicht weinen muss, kann ein bisschen warten. Der nächste „Glücksfall“ kommt bestimmt.

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"„Ein Glücksfall für unser Land“", UZ vom 7. Februar 2025



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