Die Vertreter der Unternehmerverbände machten vor dem „Arbeitgebertag“ am vergangenen Donnerstag in Berlin noch einmal Druck: Sie wollen, dass das Fachkräftezuwanderungsgesetz so schnell wie möglich im Bundestag beschlossen wird, haben aber noch Korrekturbedarf. Der Entwurf gehe aber schon in die richtige Richtung, so Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, im „Deutschlandfunk“. Vertreter der Union und der SPD kündigten in der vorigen Woche im Bundestag an, das Gesetz noch vor Weihnachten beraten und beschließen zu lassen. Die Unionsparteien hatten sich lange gegen ein entsprechendes Gesetz gesträubt.
Das Fachkräftezuwanderungsgesetz soll regeln, wer nach Deutschland kommen darf, um hier zu arbeiten oder eine Ausbildung zu machen. Es geht um die gezielte An- und Abwerbung von Fachkräften, die in anderen Ländern – auch außerhalb der EU – ausgebildet wurden. Dabei ist nur das Interesse der hiesigen Unternehmen wichtig. Im Blick sind vor allem Fachkräfte mit abgeschlossener Hochschulausbildung oder einer qualifizierten Berufsausbildung. Weniger oder gar nicht Qualifizierte sind nicht erwünscht. Voraussetzung für die Zuwanderer ist, dass ihre Qualifikationen hier anerkannt werden. Dazu will man das „System der Anerkennung“ von Abschlüssen weiterentwickeln. Solche Fachkräfte sollen, wenn sie einen Arbeitsplatz in Deutschland vorweisen können, hier arbeiten dürfen. Es solle zudem „eine begrenzte Möglichkeit“ geschaffen werden, sich „unter bestimmten Voraussetzungen“ seine im Ausland erworbene Berufsausbildung erst nach der Einreise anerkennen zu lassen. Das heißt: Qualifizierte können einreisen, schon einem Job nachgehen und sich parallel dazu ihre Ausbildung anerkennen lassen. Auf die Prüfung, ob ein einheimischer Jobbewerber Vorrang hätte, wird im Grundsatz verzichtet. Es soll aber möglich sein, diese Prüfung zum Schutz einheimischer Arbeitnehmer wiedereinzuführen.
Eine weitere neue Regel sieht vor, dass sich Fachkräfte auch erst in Deutschland einen Job suchen können – und ihn nicht schon vor ihrer Einreise vorweisen müssen. Für die Jobsuche haben sie sechs Monate Zeit. Voraussetzung neben der beruflichen Qualifikation sind dabei entsprechende Deutschkenntnisse. Außerdem müssen die Bewerber nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und nicht auf staatliche Unterstützung in Deutschland angewiesen sind.
Einen „Spurwechsel“ abgelehnter Asylbewerber in das Einwanderungsverfahren, wenn sie als gut integriert gelten sowie einer Arbeit nachgehen und gute Sprachkenntnisse haben, wird es nicht geben. Die SPD hatte das gefordert. Statt dessen sind eine zweijährige „Beschäftigungsduldung“ und auch eine „Ausbildungsduldung“ vorgesehen.
Die Bundesregierung ist mit ihrem Gesetz zufrieden. „Ein großer Erfolg nach 20 Jahren Debatte“, meint Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Außerdem werde sichergestellt, dass Geduldete bleiben können und nicht „die Falschen abgeschoben werden“. Das Gesetz sei „kompliziert, bürokratisch“ und enthalte „zu viele Hürden“, meint dagegen Filiz Polat, integrationspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Gegenüber der Zeitung „Die Welt“ erklärte er, der UN-Migrationspakt schreibe vor, dass man den Grundsatz der globalen Gerechtigkeit bei der internationalen Arbeitsmigration berücksichtigen muss. „Dazu gehört das Verhindern eines Braindrains, also die Abwanderung von Hochqualifizierten aus den Herkunftsländern. Der jetzt vorliegende Entwurf des Fachkräftezuwanderungsgesetzes berücksichtigt das nicht.“ Der Chef der Bundestagsfraktion der Linkspartei Dietmar Bartsch kritisierte in der vorigen Woche, das Gesetz sei zu sehr an den Interessen der Wirtschaft statt an den Bedürfnissen der Menschen orientiert.