BUND und grüne Böll-Stiftung fordern strengere Vorschriften bei der Tierhaltung

Ein Fleischatlas

Von Bernd Müller

Die Heinrich-Böll-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie die Zeitung Le Monde Diplomatique haben in der vergangenen Woche in Berlin den „Fleisch­atlas 2018 – Rezepte für eine bessere Tierhaltung“ veröffentlicht. Mit dem nun vierten Fleischatlas veröffentlichen die Herausgeber zahlreiche Daten, Fakten und Grafiken zu den drängendsten Problemen der industriellen Fleischproduktion in Deutschland. Enthalten sind auch konkrete Lösungsansätze für eine bessere Tierhaltung.

Der BUND und die Heinrich-Böll-Stiftung werfen der Bundesregierung Handlungsunwilligkeit vor. Denn ein ökologischer Wandel in der Tierhaltung sei nur mit neuen politischen Strategien, aber auch einem geschärften Bewusstsein bei Verbrauchern möglich, so die Organisationen. So empfehlen sie beispielsweise eine verpflichtende Kennzeichnung bei Fleisch einzuführen – vergleichbar der Eier-Kennzeichnung, die dazu geführt habe, dass Eier aus Käfighaltung ausgelistet wurden.

Viele Deutsche essen bereits weniger Fleisch, heißt es im Fleischatlas, und 88 Prozent der Deutschen würden einer repräsentativen Umfrage zufolge auch mehr Geld dafür ausgeben, wenn dies die Umwelt schone und es den Nutztieren wie Schweinen, Rindern und Hühnern besser gehen würde. Die Umfrage habe zudem ergeben, dass mehr als zwei Drittel der Befragten strengere Vorschriften zur artgerechten Haltung von Nutztieren wünschten. Vier von fünf Befragten würden eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für alle tierischen Lebensmittel bejahen, aus der die Form der Haltung hervorgehe.

Initiativen der Agrarwirtschaft und des Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) sind dagegen äußerst schwach. So hatte Schmidt im Januar 2017 ein eigenes Tierwohllabel mit zwei Stufen angekündigt. Die Kriterien der Eingangsstufe sind – abgesehen von etwas mehr Platz – kaum höher als beim gesetzlichen Standard. Die Premiumstufe erfordert für jedes Schwein einen Quadratmeter Platz, Auslauffläche und Beschäftigungsmaterial und schließt das Kupieren der Schwänze aus. Doch auch hier sind die Kriterien zu schwach. Und weil die Teilnahme an dem Label für die Agrarindustrie freiwillig sein soll, ist kaum damit zu rechnen, dass es größere Teile der Agrarwirtschaft binden wird. Wirkliche Transparenz beim Fleischkauf zu gewährleisten kann nach Ansicht der Herausgeber des Fleischatlasses nur eine staatliche Kennzeichnung schaffen, die verpflichtend sei.

Ein anderes zentrales Problem der industriellen Tierhaltung ist die sehr hohe Stickstoffbelastung des Grundwassers. Große Mengen von Gülle und Mist, die in der industriellen Tierhaltung anfallen, sind dafür die Hauptursache. Als sogenannter Wirtschaftsdünger werden sie in den Boden eingebracht. Wird zu viel gedüngt, dringt der in Gülle und Mist enthaltene Stickstoff tief in den Boden ein und gelangt als Nitrat ins Grundwasser. Dagegen könne laut BUND und Heinrich-Böll-Stiftung nur eine Abgabe auf Stickstoffüberschüsse und eine konsequente Begrenzung der Tiermengen pro Hektar helfen. Der Richtwert dürfe zwei Großvieheinheiten pro Hektar nicht überschreiten, was zwei Rindern oder zehn ausgewachsenen Schweinen entspricht. Vor allem Gemeinden wie Vechta oder Cloppenburg in Niedersachsen müssten ihre Bestände massiv abbauen.

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"Ein Fleischatlas", UZ vom 19. Januar 2018



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