Zum geplanten Umbau der deutschen Industrie

Ein drittes Mal?

Noch vor wenigen Jahrzehnten schrien die „Grünen“ der So­wjet­union und der DDR ihre biblische Forderung entgegen: Schwerter zu Pflugscharen. Nun haben sie ihre Bereitschaft gezeigt, gemeinsam mit den Unionschristen und der Rest-Sozialdemokratie unbegrenzt Kriegskredite für die Aufrüstung gegen Russland aufzunehmen. Das Tor zum Umbau der deutschen Industrie in Richtung eines – nach 1914 und 1941 – dritten Angriffs auf Russland ist damit weit geöffnet.

Am meisten freut sich der erste Profiteur des Kriegskurses, Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Papperger äußerte kürzlich, ihm sei früher Ablehnung entgegengebracht worden, Wünsche nach gemeinsamen Fotos mit ihm habe es kaum gegeben. Nun aber schlage ihm „Anerkennung statt Ablehnung“ entgegen. Der Kurs der Aktien seines Konzerns – er hat davon selbst reichlich im Depot – ist dank der Hochrüstung explodiert. Schon jetzt profitieren Rheinmetall-Aktionäre von der Kriegsvorbereitung durch die Erhöhung der Ausschüttung von gut 5 auf über 8 Euro pro Aktie. Wer von ihnen sollte Inte­resse an einem Frieden zwischen der Ukraine und Russland haben?

Abstoßen will der Konzern seine noch aus einer früheren Zeit kommenden Konzernteile, die für die Automobilindustrie Teile fertigten. „Wir sind der Meinung, dass Automobilzulieferer kaum noch eine Wachstumschance in Deutschland haben“, erklärte Papperger zur Begründung. Das scheint jetzt auf breiter Front anzurollen – in Osnabrück wird immer lauter spekuliert, dass VW dieses Werk auch an Rheinmetall verkaufen könnte. So wie in Görlitz künftig statt nützlicher Doppelstockwagen für die Bahn Panzerteile produziert werden, so würden aus einer Fabrik, in der in den Jahren der friedlichen Systemkonkurrenz zur DDR für die westdeutsche Bevölkerung Cabrios vom Band rollten, bald Waffen herauskommen – bezahlt nicht mehr freiwillig von privaten Käufern, sondern mit den ihnen abgepressten Steuern und den auf ihre Rechnung geliehenen Milliarden US-amerikanischer Finanzkonzerne.

Es zeichnet sich ein Komplett-Umbau der deutschen Industrie ab – wie in den Jahrzehnten vor 1914 und vor 1939. Papperger ist nicht nur Chef von Rheinmetall, sondern auch Vorsitzender des Inte­ressenverbandes der Rüstungsindustrie. Dessen Geschäftsführer, Hans-Christoph Atzpodien, brachte es kürzlich auf den Punkt: „Das Motto könnte lauten: Autos zu Rüstung“ – oder eben „Butter zu Kanonen“. Das war die Losung, bevor Deutschland in einen Trümmerhaufen verwandelt wurde. Serienweise werden Firmen, deren Geschäftsmodell darauf beruhte, Konsumgüter oder Dienstleistungen für die sogenannten breiten Massen herzustellen, zugunsten von Rüstungsfirmen verschwinden, die mit Steuermitteln Tötungsgerät herstellen.

Die EU, die jetzt zum Krieg gegen Russland rüstet, hat dreimal so viele Einwohner, schon jetzt dreimal so hohe Militärausgaben und ein siebenmal größeres Bruttoinlandsprodukt als der vermeintliche „Feind“. Von ihm bedroht zu sein ist so albern, wie es 1914 war, als die SPD den Kriegskrediten mit dem Hinweis auf die Bedrohung durch den russischen „Despotismus“ zustimmte. Dies war der damalige Schlusspunkt einer Entwicklung, in der neue Eisenbahnstrecken vor allem unter dem Gesichtspunkt des schnellen Truppentransports und statt Ausflugsdampfern Schlachtschiffe gebaut wurden.

Das alles – nur erweitert durch Milliarden für elektronische Kampfmittel und Kriegsmaschinen für Luft und Weltall – wiederholt sich, wenn dieses Volk sich das zum dritten Mal innerhalb von nur 120 Jahren gefallen lässt.

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"Ein drittes Mal?", UZ vom 21. März 2025



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