Erika Beltz, Michael Beltz, Rainer Grabowski, Gernot Linhart, Henning Mächerle
Wir haben während des Wahlkampfs auf einer Mitgliederversammlung des Kreises Gießen das Programm unserer Partei zur EU-Wahl diskutiert. Der Versuch, eine einfache, verständliche Sprache zu nutzen, wurde allgemein begrüßt. Ebenso begrüßt wurden die klaren Aussagen beziehungsweise Positionen zur Rolle und Bedeutung der EU, zum Beispiel zur Position „Deutschland raus aus der NATO“ sowie „Frieden mit Russland“.
Auf Unverständnis und Ablehnung traf jedoch die Tatsache, dass die Eigentumsfrage, das heißt der Privatbesitz an den Produktionsmitteln, und damit auch die Machtfrage nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Die bloße Verwendung des Begriffes „Sozialismus“ ist für die Leser nicht konkret und verschieden interpretierbar (auch Willy Brandt propagierte den „demokratischen Sozialismus“).
Wie heißt es doch richtig im Manifest der Kommunistischen Partei über die Kommunisten: „In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr oder minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge, als Grundfrage der Bewegung hervor (…) Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen.“ Die Forderungen im Sofortprogramm lassen jedoch ohne die Bedeutung der Frage der Eigentumsverhältnisse den Schluss zu, dass hier über Reformen wesentliche Verbesserungen zu erreichen seien, dies halten wir als Kommunisten für eine falsche Position.
Im Einzelnen sind dann Forderungen benannt, die bei genauer Betrachtung unüberlegt und undurchdacht erscheinen. Die Erhöhung des Kindergeldes käme zum Beispiel, solange Hartz IV besteht, den Beziehern solcher Leistungen nicht zu Gute, da sie auf die Hartz-IV-Leistung angerechnet würden. Die Forderung nach Abschaffung von Hartz IV und unbegrenzte Zahlung des Arbeitslosengeldes 1 fehlt ganz.
Die genannte Erhöhung der Niedrigrenten bedeutet eine Spaltung der Rentner und ist ohne die Benennung der Gründe für die Rentenkürzungen nur Flickschusterei. Eine Erhöhung der Renten auf mindestens das Niveau vor Beginn des Angriffes auf die Rentenkasse im Interesse des Kapitals wäre die bessere Forderung, würde jedoch ebenfalls natürlich Illusionen über die Reformierbarkeit des Kapitalismus erzeugen. Deshalb müssen soziale Forderungen mit der Machtfrage und damit der Verfügungsgewalt über Eigentum verbunden werden, nur dann sind unsere Positionen als notwendige Alternative zum Kapitalismus zu erkennen. Auch in der Friedensfrage fehlt die Aussage, dass Kriege dem Imperialismus immanent sind und der Kapitalismus nicht friedensfähig gemacht werden kann.
Gänzlich ungenannt ist der Bereich Natur und Umwelt. Lediglich die „Zerstörung der Umwelt durch den Raubbau an Ressourcen“ wird als Fluchtursache benannt. Der Zusammenhang zwischen kapitalistischer Produktionsweise und Umweltzerstörung muss deutlich gemacht werden. Insgesamt muss dieses wichtige Thema stärker betont werden.
Wir sehen daher das Programm als wenig geeignet an, kommunistische Positionen und Forderungen im Rahmen der EU-Wahl einzubringen. Wir sollten den Vorwurf, die DKP rücke jetzt, nachdem die Partei „Die Linke“ sich zunehmend SPD-kompatibel macht, auf deren Platz nach rechts, nicht auf die leichte Schulter nehmen.