DFG-VK dreht den Spieß um und geht juristisch gegen LKA Berlin vor

Eigentor der Cops

Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) hat kürzlich Anzeige gegen das Landeskriminalamt Berlin erstattet, um ein Ende der Kriminalisierung satirisch veränderter Armee-Werbung zu erreichen. UZ sprach mit Jan Hansen, Mitglied des Bundesausschusses der DFG-VK, der die Anzeige zusammen mit Bundessprecher Markus Hornberger verfasst hat.

UZ: Weshalb habt ihr Anzeige erstattet?

Jan Hansen: Das LKA Berlin kriminalisiert eine kreative Aktion gegen die Bundeswehr. Unbekannt gebliebene Aktivisten hatten rund um das Kriegsministerium in Berlin veränderte Marine-Poster aufgehängt. „Adbusting“ nennt sich dieser Sport, bei dem Aktivisten Sprüche auf Originalpostern der Marine verändert und in der Woche darauf noch einen satirischen Brief als Postwurfsendung verteilt haben.

In diesem behauptet die „Verteidigungsministerin Kramp-Knarrenbauer“, die Bundeswehr kämpfe auch dafür, dass man gegen sie sein könne. Deshalb ermuntere sie dazu, weiterhin selbst umgestaltete Poster aufzuhängen und verweist auf den Beschluss der Staatsanwaltschaft Berlin, demzufolge es nicht strafbar ist, Werbevitrinen mit Rohrsteckschlüsseln aus dem Baumarkt zu öffnen und eigene Poster hineinzuhängen.

Trotzdem hat das LKA Berlin Ermittlungen wegen „Störpropaganda gegen die Bundeswehr“ aufgenommen. Tatbestandsmerkmale: Mit unwahren Tatsachen die Handlungsfähigkeit der Bundeswehr bei der Landesverteidigung zu stören oder zu sabotieren. Das ist offenkundiger Blödsinn. Selbst als Laie erkennt man, dass Poster und Zettel die Bundeswehr nicht in ihrer Verteidigungsbereitschaft einschränken.

Aus politischer Motivation heraus werden Unschuldige verfolgt. Deshalb haben wir uns entschieden, Anzeige zu erstatten. Das ist krasser Machtmissbrauch und deswegen ist es wichtig, mit dem Finger drauf zu zeigen.

UZ: Weshalb reagieren Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste so übertrieben auf veränderte Werbeplakate?

Jan Hansen: Es geht ihnen um die Öffentlichkeit. Ihre Hegemonie bröckelt, wenn man Polizei und Militär statt als Freunde und Helfer aufgrund wöchentlicher Einzelfälle als Nazis und Gewalttäter sieht.

UZ: Welche Konsequenzen hat die Verfolgungswut der Behörden für betroffene Aktivisten?

Jan Hansen: Ich würde sagen, dass die Behörden die Chaoten angestachelt haben. Aktuell steht Adbusting nicht mehr im Verfassungsschutzbericht, weil das Innenministerium festgestellt hat, dass es nicht gewalttätig ist. 2018/19 waren die Berliner Behörden so verrückt, drei Adbusting-Aktionen ans Terrorabwehrzentrum GETZ zu melden. Kleine Anfragen zeigen, dass sie damit 2020 nicht weitergemacht haben. Wohl weil es zu viele Fragen aus Parlamenten und der Öffentlichkeit gab.

Die Polizei hat sich ein ganz schönes Eigentor geschossen. 2019 endete ein Gerichtsprozess sang- und klanglos, weil das LKA nicht darlegen konnte, wo eigentlich die Strafbarkeit ist, wenn Leute ihre eigenen Poster in Werbevitrinen hängen und dabei nichts kaputt machen und auch nichts klauen. Adbusting ist de facto legalisiert, wenn da nicht so wirre Aufreißer wie diese „Störpropaganda gegen die Bundeswehr“ wären.

UZ: Wie schätzt du die Erfolgsaussichten ein, sollte die Geschichte vor Gericht landen?

Jan Hansen: Das landet nie vor Gericht. Juristisch kann man in diesem Land gegen staatlich bezahlte Gewalttäter einfach nichts erreichen. Aber wenn man jemanden wie das LKA anzeigt, kann man drauf bestehen, über den Fortgang des Verfahrens informiert zu werden. Wenn die Sache eingestellt wird, legt man dagegen Beschwerde bei der Oberstaatsanwaltschaft ein, dann erfährt man die Begründung dafür. Die kann man veröffentlichen und sagen, das ist Rechtsbeugung. Man kann dann auch noch Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft einlegen. So kommt man an den Ablehnungsgrund der Oberstaatsanwaltschaft, der in der Regel elaborierter ist, weil die ja schon schnallen, dass es uns um Öffentlichkeitsarbeit geht. Mit medialer Öffentlichkeit kann man skandalisieren, nachfragen und dann laut drüber reden. Das hassen die.

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"Eigentor der Cops", UZ vom 1. Oktober 2021



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