Die Digitale Agenda und drei Minister

Eigenlob stinkt

Von Frank Schumacher

Drei Verantwortliche, Zypries, de Maizière und Dobrindt, sitzen bei der Bundespressekonferenz und stellen ihren „Fortschrittsbericht der Digitalen Agenda“ vor. Natürlich nur Eigenlob für die bisherige Arbeit, selbstkritische Töne sind nicht zu hören. Themen sind u. a. der Breitbandausbau in der Fläche, Open Data, die Sicherheit im Netz. Dabei ist längst nicht alles super bei der Digitalen Agenda der Bundesregierung.

Minister Alexander Dobrindt (CSU) zeigt sich wie immer ein bisschen berauscht von sich selbst und seiner Arbeit und schwärmt vom Breitbandausbau für schnelles Internet. Deutschland habe die höchste Dynamik in Europa. Das Ziel: Jeder Haushalt, jedes Unternehmen soll bis 2018 einen Anschluss haben, der eine Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Megabit in der Sekunde liefert. Und jetzt seien 75 Prozent geschafft. Allerdings, und das weiß auch der Minister: 50 Mbit/s sind heute schon wieder viel zu wenig. Die Technik und die Ansprüche der Nutzer verändern sich einfach viel schneller und haben das Ziel der Bundesregierung überholt. Flächendeckend Gigabit ist das, was eigentlich ab jetzt ansteht.

Vier Milliarden Euro Fördergeld hat das Ministerium für Kommunen und Landkreise in dieser Legislatur zur Verfügung gestellt, um vor Ort schnelles Internet zu realisieren.Doch nicht alle Auserwählten werden mit ihren Förderbescheiden auch glücklich, der Landkreis Hameln-Pyrmont zum Beispiel. Er wird nach eingehender Prüfung nun doch auf die zugesagten 15 Mio. Euro verzichten. Die Fördermittel seien unter Bedingungen gestellt, die wirtschaftlich in hohem Maße nachteilig für die Landkreise sind, erklärt Landrat Tjark Bartel. „Sämtliche positiven wirtschaftlichen Entwicklungen werden von der Förderung abgezogen, das Verfahren massiv erschwert und verlängert“, so der SPD-Politiker. Beispielsweise würden drei getrennte Ausschreibungen gefordert, was dem Landkreis unerfüllbar erscheint, wenn gleichzeitig die Fertigstellung des Projekts im Jahr 2018 verlangt werde.

Open Data – ein Einfallstor

Ein großer auch noch zu erschließender Bereich der Digitalisierung ist Open Data. Dabei geht es um transparente Behördendaten oder Statistiken – etwa aus den Bereichen Gesundheit, Mobilität oder Umwelt und Klima. Alle Bürger sollen unentgeltlich darauf zugreifen können; gleichzeitig verspricht de Maizière – dafür zuständig – „Open Data biete interessante Impulse für neue Geschäftsmodelle und Innovationen.“ Er meint, wenn offene Daten wirtschaftlich genutzt werden, kann das einer Wertschöpfung von mindestens 12,1 Mrd. Euro in den nächsten zehn Jahren entsprechen. Und die Europäische Kommission schätzt das Potenzial in der EU auf 140 Mrd. Euro jährlich. Wie er Datensicherheit, Schutz von Netzen und Nutzern und Persönlichkeitsrechte dabei gewährleisten will, lässt er wohlweislich offen.

Ministerin Zypries hat vor allem Mittelstand und Start-Ups im Blick. „Wer die Digitalisierung nicht ernst nimmt, wird künftig nicht mehr am Markt sein“, prophezeit Zypries und fordert die Vernetzung und Kooperation von etablierten und neuen „Playern“. Mit der Abarbeitung der Digitalen Agenda für diese Legislatur sei man gut aufgestellt, lobt Zypries, die für die Zukunft verstärkt auch die Themen künstliche Intelligenz und „smart living“ nennt (was immer sie damit meint).

Noch ein Glück für die Menschen im Lande: Die auf verschiedene Ministerien aufgesplitteten Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Und da die Legislaturperiode bald zu Ende ist, wird sich eine neue (alte?) Koalition wieder daran versuchen.

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"Eigenlob stinkt", UZ vom 5. Mai 2017



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