Eine Tafel für Familie Stöbe

Ehrung für Lichtenberger AntifaschistInnen

Von Carmela Negrete

In der vergangenen Woche wurde im Berliner Stadtteil Lichtenberg eine Gedenktafel für Ilse Stöbe, ihre Mutter Frieda Stöbe sowie ihren Halbbruder Kurt Müller enthüllt. An der Ehrung nahmen Hans Coppi, Vorsitzender der VVN-BdA in Berlin, Gesine Lötzsch („Die Linke“) sowie die Leiterin des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes, Elke von Boeselager, teil. Rund 40 Menschen, darunter eine Gruppe von Jugendlichen aus der „Schule am Rathaus“, hatten sich versammelt. Ilse Stöbe hatte als Kind diese Schule besucht.

Erst im vergangenen Jahr wurde der Name Ilse Stöbe auf der Ehrentafel für Widerstandskämpfer im Auswärtigen Amt eingetragen – das erste Mal, dass eine Frau und eine Kommunistin dort geehrt wurde. Ilse Stöbe arbeitete bis 1931 als Sekretärin von Theodor Wolff, Chef des Berliner Tageblatts. In der Zeitungsredaktion lernte sie den Journalisten Rudolf Herrnstadt kennen. Herrnstadt war Auslandskorrespondent in Warschau, aber auch Mitglied der KPD und arbeitete für den Nachrichtendienst der Roten Armee. Mit ihm zog Ilse Stöbe nach Warschau.Auch sie war – unter dem Decknamen „Alta“ – für die Sowjetunion tätig.

Ilse Stöbe arbeite bis 1939 in Polen. Herrnstadt stellte ihr dort Rudolf von Scheliha (Deckname „Arier“) vor. Dieser war deutscher Botschaftsrat in Warschau und in der Informationsabteilung des Außenamtes tätig. Und so kam es, dass die Journalistin vorübergehend auch für das Auswärtige Amt in Berlin tätig war.

1940 informierte sie die sowjetische Aufklärung über den bevorstehenden Überfall des faschistischen Deutschlands auf die Sowjetunion. In einem Telegramm an den Leiter der Verwaltung „Aufklärung des Generalstabes der Roten Armee“ am 29. Dezember 1940 schrieb sie, „Arier“ habe aus bestinformierten Militärkreisen erfahren, dass Hitler den Befehl gegeben hat, mit den Vorbereitungen auf den Krieg gegen die UdSSR zu beginnen. Der Krieg solle im März 1941 erklärt werden. Im September 1942 wurde Ilse Stöbe von der Gestapo verhaftet und am 22. Dezember 1942 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Auch der Name ihres Halbruders, Kurt Müller, steht auf der Gedenktafel vor dem Sana Klinikum in der Frankfurter Allee in Berlin. Kurt Müller gehörte der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ sowie der KPD an, wurde wegen Hochverrats angeklagt und in Brandenburg-Görden ermordet.

Die Mutter Frieda Stöbe half Menschen jüdischer Herkunft bei sich zu Hause mit Lebensmitteln und versteckte sie, so Hans Coppi. Sie wurde 1943 verhaftet, in das KZ Ravensbrück verschleppt, das sie nicht überlebte.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Ehrung für Lichtenberger AntifaschistInnen", UZ vom 20. November 2015



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Auto.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit